Dieses Buch hat einen Trend gestartet. So erzählten es mir zumindest mehrere Pferdebesitzerinnen, bei deren Pferde ich die Hufe bearbeite. Und da wurde ich natürlich sofort hellhörig: ein Huf-Buch, das in gewissen Pferdekreisen quasi sowas wie einen Hype ausgelöst hat? 🧐
Nachdem mich dann bereits die dritte Pferdebesitzerin fragte, ob ich dieses Buch kenne, musste ich mir das klarerweise näher ansehen.
Allgemeines zum Buch „Mehr HUF, weniger Bearbeitung“
Als ich das Buch dann in Händen hielt, war mir sofort klar: das ist mit Leidenschaft gemacht. Bereits die Haptik und auch die Optik deuten darauf hin, dass es den Autorinnen wichtig war, ein gut strukturiertes, angenehm zu lesendes Buch für das komplexe Thema „Huf“ zu kreieren.
Das Hardcover-Buch im DIN-A4-Format umfasst 200 Seiten und macht Lust darauf, es öfter in die Hand zu nehmen. Das mag an dem mattierten Cover liegen, oder an der liebevollen Aufmachung, aber jedenfalls macht es Freude es in Händen zu halten und durch zu blättern.

Das Buch ist 2021 bereits in der zweiten Auflage erschienen, und zwar im Eigenverlag der beiden Autorinnen (Team-HUF GbR).
Über die Autorinnen Barbara Kelly und Christina Kuenen
Damit man so ein Huf-Buch richtig einordnen kann, finde ich es wichtig die Verfasser etwas näher zu beleuchten. Denn schließlich prägt der fachliche Hintergrund dann auch den Inhalt so eines Fachbuchs.
Sowohl Christina Kuenen als auch Barbara Kelly sind erfahrene Hufbearbeiter aus Deutschland und haben ihre Ausbildung nach NHC (Natural Hoof Care) absolviert. Das heißt, ihre Arbeit war ursprünglich geprägt von Jamie Jackson und Pete Ramey, zwei Amerikanern die ihre Herangehensweise nach den nordamerikanischen Mustangs ausgerichtet haben.

Barbara Kelly und Christina Kuenen haben ihr Wissen aber seitdem laufend erweitert und selbst Beobachtungen im Feld, d.h. bei Wildpferden auf der ganzen Welt durchgeführt. Außerdem haben die beiden mittlerweile eine Reha-Station für Pferde mit Hufproblemen (speziell Hufrehe) in Deutschland gegründet und helfen dort vermeintlich hoffnungslosen Fällen wieder zurück in ein schmerzfreies Leben. Die zwei Autorinnen verfügen daher über einen enormen Erfahrungsschatz, nicht nur in puncto Hufbearbeitung, sondern auch hinsichtlich Haltung und Fütterung. Daraus hat sich ihre Beobachtung ergeben, dass der Pferdehuf eigentlich bei optimalen Lebensbedingungen nur sehr wenig bis gar keine Bearbeitung benötigt. Und so ist der Titel dieses Buchs entstanden: „Mehr HUF, weniger Bearbeitung“. 💡
Was bedeutet „HUF“ in Großbuchstaben?
„HUF“ steht als Abkürzung für Haltung – Untergrund – Fütterung. „HUF“ steht also als Synonym dafür, wovon der Pferdehuf maßgeblich beeinflusst wird – und wie wir als Pferdebesitzer und -halter die Hufgesundheit fördern können.
Rezension von „Mehr HUF, weniger Bearbeitung“
Wie bereits erwähnt, hat es mir wirklich Freude gemacht das Buch zur Hand zu nehmen. Als Sachbuch beschreiben die Autorinnen sowohl die „trockenen Fakten“ wie Hufanatomie, als auch ihre persönlichen Erfahrungen und Herangehensweisen. Dort, wo es in der Fachwelt noch Uneinigkeit oder verschiedene Meinungen oder eine unklare Studienlage gibt, weisen sie explizit darauf hin. Das finde ich als Hufbearbeiterin sehr wichtig, weil sich gerade hinsichtlich Studien in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten sehr viel getan hat und leider noch nicht alle Erkenntnisse bis in die breite Fachwelt der Pferdeprofis durchgedrungen ist (auch nicht bei Tierärzten!). Daher finde ich die Referenzierung auf die einzelnen Studien besonders gut und wichtig, damit klar ist von welchem Wissensstand die Autorinnen ausgehen.
Aufmachung
Das Buch ist nicht nur sehr liebevoll, sondern auch optisch äußerst ansprechend gestaltet. Insgesamt sind über 400 farbige Abbildungen enthalten. Das komplexe Thema „Huf“ wird sowohl von Fotos, als auch Illustrationen untermalt und macht viele Sachverhalte dadurch besser verständlich. Einziger Kritikpunkt an dieser Stelle: manche Fotos sind etwas klein geraten, so dass man nicht alle Details gut erkennen kann.

Davon abgesehen ist die Gestaltung klug eingesetzt: die gesamte Aufmachung ist dezent, aber sehr gut strukturiert. Besonders wichtige Inhalte werden mittels Info-Boxen hervorgehoben. Inhalte, die im weitesten Sinne zum Themenkomplex „Huf“ dazu gehören, aber nicht Kernthema des Buchs sind, werden als Exkurse auf farblich abgesetzten Seiten hervorgehoben. Dadurch wird das gesamte Buch gut aufgelockert.


Schreibstil
Barbara Kelly und Christina Kuenen haben sich folgendes Zitat von Albert Einstein als Grundpfeiler ihrer gesamten Wissensvermittlung zu Eigen gemacht:
Wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es nicht gut genug verstanden.
Und diesem Anspruch werden sie mit ihrem Huf-Buch definitiv gerecht. Der Schreibstil ist einfach und leicht verständlich, trotz des anspruchsvollen Inhalts. Mit schlichten Worten erklären die beiden Autorinnen selbst die komplexesten Sachverhalte.
Inhalte und Gliederung
Das Buch ist in insgesamt fünf Kapitel gegliedert:
- Wildpferde
- HUF
- Hufe lesen und einschätzen
- Hufbearbeitung
- Was du schon immer wissen solltest
Die Gliederung finde ich persönlich sehr gut gewählt, da sie einen schönen Spannungsbogen aufbaut. Christina Kuenen und Barbara Kelly berichten zunächst von ihren Wildpferde-Beobachtungen, aus denen sie dann die Einflussfaktoren – HUF – ableiten. Aufbau und Funktionsweise des Hufs werden danach konzis und anschaulich dargelegt, bevor schließlich die individuelle Herangehensweise der Autorinnen an die Hufbearbeitung beschrieben wird. Ihre Bearbeitungsrichtung wird vielen Pferdebesitzern wahrscheinlich unkonventionell erscheinen, wird jedoch stets logisch erklärt. Es bleibt schließlich dem Leser überlassen, sich eine eigene Meinung zu bilden.

Das Huf-Buch beantwortet am Ende häufige Fragen in einer FAQ-Sektion und legt die referenzierten Studien dar, so dass der interessierte Pferdebesitzer sich selbst tiefergehend mit der Thematik befassen kann. 🤓
Ergänzt werden diese Kapitel durch zahlreiche Exkurse, die den Themenkomplex „Huf“ perfekt abrunden. Besonders schön finde ich, dass hier auch der Aspekt des respektvollen Umgangs angesprochen wird – sowohl als Hufbearbeiter, als auch im Umgang mit dem Pferd und auch die Wichtigkeit der Zusammenarbeit im Team. Denn der Pferdehuf hängt nun mal an einem einzigartigen Lebewesen und kann nicht isoliert betrachtet werden. Diese holistische und feinfühlige Herangehensweise finde ich persönlich toll.
Fazit: nur ein weiteres Huf-Buch?
Ja, es ist ein weiteres Huf-Buch für Pferdebesitzer bzw. Pferdemenschen, die bis dato noch nicht viel mit Hufen zu tun hatten. Und trotzdem finde ich es anders als andere „Einsteiger-Huf-Bücher“. Denn: die Autorinnen schaffen es wirklich, sich auf die Basis zu fokussieren. Ohne Schnörkel oder Umschweife. Sie kommunizieren klar, was der Huf braucht, um gesund zu bleiben (oder gesund zu werden), nämlich „HUF“. Sie stellen also in den Vordergrund, was jeder Pferdebesitzer beachten sollte, wenn es um Hufgesundheit geht und verlaufen sich nicht in unwichtigen Details.
Ein Schlagwort, dass dabei immer wieder auftaucht, ist der „Erbsen-Kies“. Damit ist erbengroßer Kiesel gemeint, der als optimaler Untergrund für die Hufe angeführt wird. Beim Lesen des Buchs hatte ich am Ende fast das Gefühl: wenn jeder Stall mit Erbsen-Kiesel ausgestattet wäre, wären alle Hufprobleme dieser Welt verschwunden. Das ist jetzt natürlich übertrieben dargestellt, aber für mich als Leser wurde ein bisschen dieser Eindruck erweckt. Und obwohl ich die Vorteile von Erbsen-Kies nicht klein reden möchte, finde ich die Darstellung doch sehr einseitig bzw. an der Realität vorbei. Nicht überall ist der Einsatz von solchem Kies möglich, manchmal einfach aufgrund des Geländes (z. B. in Hanglage). Außerdem sehe ich hier auch den Hygiene-Faktor, der im Buch nicht thematisiert wird: Kies ist furchtbar mühsam zum Abmisten, d.h. in manchen Ställen produziert man dadurch eventuell ein hygienisches Problem.

Inhaltlich habe ich an dem Buch aber ansonsten tatsächlich nichts auszusetzen, ganz im Gegenteil: die Autorinnen haben es meiner Meinung nach meisterlich geschafft, die wichtigen Fakten rund um Hufgesundheit auf Basis der aktuellsten Studienlage in ein wirklich „einsteigerfreundliches“ Huf-Buch zu packen. Und obendrein ist es äußerst kurzweilig zu lesen, dank der liebevollen Gestaltung und der pointierten Sprache. Aus meiner persönlichen Sicht ist dieses Huf-Buch daher eine absolute Kaufempfehlung. 👍
Wenn du nun neugierig geworden bist, kannst du das Buch am besten direkt über Team-HUF beziehen: www.team-huf.de/buch