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Fressständer im Offenstall

Letztens war eine Bekannte bei uns zu Besuch und meinte ganz erstaunt: „Unglaublich, wie hast du denn Ísungurs Figur so hinbekommen?!“ Denn sie kannte die Ponies nur von Pre-Ponyhof-Zeiten und damals war mein kleiner Wikinger noch ein extrem fettes Tönnchen. Tja, die Antwort ist einfach: Fressständer! Darum möchte ich euch heute mehr darüber erzählen 🙂

Vorteile von Futterständen

Der ganz riesen große Vorteil von Fress- bzw. Futterständern ist, das Pferde damit separat und daher individuell gefüttert werden können, sowohl hinsichtlich Art als auch Menge des Futters. Damit ist es also möglich, auch unterschiedliche Futterbedürfnisse innerhalb einer Offenstall-Herde zu berücksichtigen.

Die richtige Futtermenge für jedes Pferd

Mit Fressständern kommen auch rangniedrige Pferde an ihre Portionen und ranghohe Pferde können sich trotzdem nicht mehr Rationen „ergaunern“. Das war für uns enorm wichtig, denn genau das hat Ísungur im alten Stall gemacht: sobald die Herde ca. die Hälfte des Heus gefressen hat, hat er alle anderen aus dem Stall gejagt und den Rest alleine gefuttert 😦
Dadurch haben die anderen Pferde natürlich zu wenig und er eindeutig zu viel Futter abbekommen.

Individuelle Art des Futters

Aber nicht nur die Menge, sondern auch die Art des Futters kann mit Hilfe von Futterständen individuell reguliert werden. So kann man damit beispielsweise unterschiedliche Qualitäten an Heu verfüttern: gehaltvolleres Heu für zu dünne bzw. schwerfuttrige Pferde und nährstoffreduziertes Heu für dicke bzw. leichtfuttrige Pferde. Auf diese Art und Weise gelingt es, den individuellen Nährstoffbedarf jedes Pferdes zu decken, ohne mechanische Futterautomaten.

Jedem das Seine (von links nach rechts):
Lanzelot mit Heusack, Nelly mit losem Heu und Ísungur mit Stroh.

In unseren „Spitzenzeiten“ haben wir tatsächlich jedem einzelnen Pferd unterschiedliches Raufutter gefüttert:

  • Ísungur hat zum Abnehmen zwei von drei Mahlzeiten Stroh erhalten (die dritte Mahlzeit dann Erst-Schnitt-Heu)
  • Foxi hat zum Zunehmen Zweit-Schnitt-Heu bzw. Luzerne-Heu erhalten
  • Lanzelot hat zum Halten des Gewichts Heu vom ersten Schnitt im Heusack bekommen
  • Nelly hat im Wachstum Erst-Schnitt-Heu lose gefressen

Aber natürlich können die Pferde in den Fressständen nicht nur Raufutter fressen, sondern auch Zusatzfutter. Z.B. kann man damit völlig stressfrei individuelle Rationen an Mineralfutter oder auch einfach Wiesencobs, Rübenschnitzel & Co. füttern, ohne dass Streitereien in der Herde entstehen.

Futterständer als Schutzzone

Unser Hauptgrund für die Fressständer am Ponyhof war eindeutig die bedarfsgerechte Fütterungsmöglichkeit pro Pferd, ohne Futterautomaten einsetzen zu müssen. Aber darüber hinaus hat sich auch noch ein unerwarteter Vorteil in der Praxis herausgestellt: die Pferde suchen die Ständer äußerst gerne als Ruhezone und Schutz vor lästigen Insekten auf!

Das liegt bei uns sicherlich auch daran, dass die Fressstände im kühlen Stall positioniert sind; man könnte diese ja auch im Freien aufstellen und lediglich überdachen, dann wäre dieser Effekt wohl nicht so groß. Aber in unserer Konstellation sind die Pferde in den Ständern tatsächlich sehr gut vor Insekten geschützt, da diese „nur noch“ die Rücken- und Bauchpartie anfliegen, aber die Flanken der Pferde in Ruhe gelassen werden.

Optimale Fressposition

Ein weiterer Vorteil von Fressständen ist, dass die Pferde das Futter in natürlicher Haltung zu sich nehmen können. Das heißt, sie können mit vollständig gesenktem Kopf fressen, was z.B. bei Heuraufen oftmals nicht der Fall ist. Weiters zahlt es sich aus, Modelle mit gebogenen Bruststangen im vorderen Bereich zu wählen, damit die Pferde im Ausfallschritt stehen können. Auch dies entspricht der natürlichen Körperhaltung von Pferden beim Fressen und bei vielen Heuraufen nicht möglich. Dies war für uns auch der ausschlaggebende Grund, warum wir uns für die Ausführung von Sulzberger entschieden haben. Wir haben es bis heute nie bereut und können diese absolut empfehlen 👍

Die gebogenen Bruststangen erlauben Fressen im natürlichen Ausfallschritt.

Nachteile von Fressständern

Neben den genannten Vorteilen möchte ich aber nicht verheimlichen, dass Futterständer auch Nachteile haben (können) 😉

Erhöhter Platzbedarf

Fressständer benötigen Platz. Und zwar nicht unerheblich! Denn man darf dazu nicht nur die effektive Länge der Stände betrachten, sondern man muss auch direkt dahinter ungefähr nochmal die gleiche Länge als „Rangier-Platz“ einberechnen. Das ist wichtig, damit die Pferde entspannt ein- und ausparken können.

Der vereinnahmte Platz fehlt dann aber häufig in der effektiven Grundfläche des Stalls als Liege- oder Spielbereich. Man muss daher über genügend Fläche verfügen, damit die Fressständer nicht den restlichen Pferdebereich nachteilig einschränken.

Unsere Fressstände bei der Montage: hier sieht man besonders gut, wie viel Platz sie leider im Stall verbrauchen.

Erhöhter Aufwand

Die individuelle Fütterung bedingt natürlich einen erhöhten Aufwand im Alltag. Jedem Pferd unterschiedliche Raufutter-Rationen zu füttern ist zweifelsfrei deutlich aufwendiger als eine ad-libitum-Fütterung mittels Heuraufe. Aber das hat jetzt eigentlich nichts per se mit den Fressständern zu tun, sondern liegt in der Natur der Sache. Trotzdem möchte ich diesen Aspekt hier anmerken, da er bei der Anschaffung von Frutterständen manchmal nicht so richtig bedacht wird.

Fressstände abschließen ja/nein?

An diesem Punkt möchte ich auch noch anmerken, dass es stark darauf ankommt wie man die Fressständer einsetzt. Unsere Ständer kann man hinten mit Metallstangen verschließen, so dass die Pferde die Ständer nicht jederzeit selbstständig betreten oder verlassen können. Das hat große Vorteile, wenn man z.B. bereits alle Portionen herrichten möchte und dabei noch keine neugierigen Pferdenasen brauchen kann. Auch wenn die Ponies in den Ständern stehen, hat das Verschließen den Vorteil dass kein Pferd raus gehen und die anderen Pferde in den Ständern von hinten drangsalieren kann. Das ist bei uns zwar nie passiert, aber es kann vorkommen.

Weiters hat das Abschließen den Vorteil, dass man die Pferde mal eben kurz sicher „verstauen“ kann. Gerade im Offenstall hat man sonst ev. nicht immer die Möglichkeit alle Pferde kurz sicher wegzusperren, z.B. wenn man mit schwerem Gerät Arbeiten durchführen muss. Auch dafür hat sich das temporäre Absperren der Fressständer bei uns bestens bewährt 🙂

Nachteile von geschlossenen Ständern

In unserem Fall hatten wir die Fressständer ursprünglich beim Fressen immer abgeschlossen, um zu verhindern dass ein Pferd aus dem Ständer geht bevor es aufgefressen hat und dann ein anderes Pferd seinen Platz einnimmt (und damit wieder eine „fremde“ Portion nascht 🙈). Das hatte allerdings gleich zwei gröbere Nachteile: einerseits konnten die Pferde beim Fressen nicht selbstständig Trinken gehen, was natürlich nicht gut ist. Und andererseits war der Aufwand zur Fütterung gleich doppelt so hoch, weil man ja nach einer bestimmten Zeitspanne wieder in den Stall gehen und die Stände öffnen muss.

Ein weiterer Nachteil von geschlossenen Ständern während dem Fressen ist, dass die Wahrscheinlichkeit steigt dass die Ponies in die Fressständer misten. Das wäre per se nicht wirklich schlimm, aber es führt unweigerlich dazu dass die Pferde in den Mist treten. Und das möchte man natürlich eigentlich vermeiden, insbes. hinsichtlich der Hufgesundheit.

Nachteile von offenen Fressständern

Insbesondere aufgrund der Trink-Thematik würde ich daher heute keine permanent verschlossenen Stände während des Fressens mehr einsetzen (kurze Zeitspannen, z.B. zum Füttern von Mineralfutter, sind natürlich kein Problem). Wenn man die Ständer allerdings nicht permanent verschließt, dann kommen andere Nachteile zu Tage ☝

Eine Breite für alle Pferde

Dazu gehört einerseits, dass alle Ständer nur so breit sein dürfen, dass das schmalste Pony der Herde nicht durch die vorderen Bruststangen schlüpfen kann. Das ist bei einer homogenen Herde kein Problem, aber bei unseren unterschiedlichen Bewohnern war es das durchaus. Wir hatten ursprünglich einen extra breiten Futterstand für Lanzelot gebaut, damit die breite Norikerbrust auch ja bequem stehen kann. Als wir die Ständer dann allerdings offen gelassen haben, habe ich eines Morgens das kleine Isi-Tier in misslicher Lage vorgefunden. Er hatte sich mit seiner Brust durch die breiten Noriker-Stangen gequetscht, aber ist dann mit dem Brustkorb stecken geblieben 😨! Nach einem kleinen Panikanfall meinerseits (das Pony war wie üblich total gechillt) konnte ich ihn dann glücklicherweise wieder unfallfrei zurück „schieben“.

Aber der Vorfall war uns natürlich eine Lehre und seitdem ist Lanzelots Ständer permanent verschlossen. Zum Glück passt Lanzelot auch in die anderen Fressstände, also eigentlich wäre so ein breiter Stand gar nicht nötig gewesen. Aber nachher ist man nun mal immer schlauer 😉

Gut verschlossen: der extra breite Futterstand in der Mitte; Lanzelot parkt mittlerweile rechts daneben und wie man sieht, geht es sich perfekt aus.

Zuparken

Ein weiterer Nachteil von permanent geöffneten Fressständern ist, dass ein ranghohes Pferd rangniedrige Tiere „zuparken“ kann. Das heißt, wenn sich der Herdenchef hinter ein fressendes Pferd stellt, dann kann dieses nicht mehr aus dem Ständer heraus. Auch das passiert bei uns zum Glück selten, denn die „Parkposition“ hinter den Ständern hat für unsere Pferde keinen großen Anreiz. Je nachdem an welchen Ort man die Fressständer im Offenstall platziert, könnte das aber durchaus ein zu bedenkender Faktor sein.

Fazit zu Fressständen

Als Zusammenfassung kann man sagen: Fressständer haben zwar einen erhöhten Platzbedarf und können zusätzlichen Aufwand bei der Fütterung bedeuten, aber sie sind eine hervorragende Möglichkeit um individuelle Pferdefütterung im Offenstall zu bewerkstelligen. Wir beneiden zwar manchmal andere Ponyhof-Betreiber, die ihren Pferden einfach alle paar Tage einen Rundballen Heu in den Offenstall stellen. Aber: dann sehe ich all die dicken Ponies zwischen den dünnen Warmblütern (Achtung, Klischee 😇) und bin immer wieder froh dass das bei uns nicht (mehr) der Fall ist. Da nehme ich den zusätzlichen Arbeitsaufwand gerne in Kauf 💪

4 comments

  1. Steffi says:

    Hallo Nathalie,
    dein Artikel hat uns erheblich zur Entscheidungsdindung für Fressständer unterstützt. Bisher hatten wir allerdings nur zwei Warmblüter. Jetzt sollen noch zwei Shettys dazu kommen. Num stellt sich die Frage ob man die Stangen so schmal zusammen machen kann dass die großen noch fressen können aber die Shettys nicht durchschlupfen und sich verletzen. Vielleicht hast du ja Erfahrungswerte oder eine Idee?

    • Nathalie Kurz says:

      Hallo Steffi! Puh, das lässt sich schwer sagen ohne die Pferde bzw. Ponies direkt gesehen zu haben, denn da gibt es ja auch jeweils unterschiedlich gebaute Kandidaten 😉 was ich mir aber vorstellen kann: im unteren Bereich der Fressständer eine Verschmälerung einbauen (z.B. mittels Holzbrettern), da die Shettys die Abgrenzung ja nur im unteren Bereich benötigen. So könnten die beiden Großen weiter oben trotzdem besser durchfressen. Ich hoffe, du kannst dir ungefähr vorstellen was ich meine 🙂
      Alles Liebe, Nathalie

  2. Susanne says:

    ich finde den Artikel super. Darf ich fragen wie breit der Fressständer ist bzw. wie weit die Stangen in dem Fressständer auseinander sind in den alle Pferde passen? also sowohl das kleine als auch das große Pony?

    • Nathalie Kurz says:

      Hallo Susanne! Ja klar: die normalen Ständer (in die alle Pferde bei uns rein passen) sind 80cm breit; der extra breite Futterstand (der für unseren Noriker konzipiert war, bei dem aber mein Isi durchgeschlüpft ist) ist 95cm breit.
      Ich hoffe das hilft dir 🙂

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