Als Hufbearbeiterin und Pferdetrainerin kommen mir ganz häufig Probleme bei Pferden unter, die von falscher Fütterung verursacht werden. Das reicht von Fühligkeit aufgrund von Übergewicht, über Aggressivität wegen Magengeschwüren bis zu „Faulheit“ aufgrund von Nährstoffmängeln. Vielen Pferdebesitzern sind diese Zusammenhänge oftmals gar nicht bewusst bzw. wissen viele nicht, wie man Pferde überhaupt artgerecht füttern sollte. Ich habe daher die Pferde-Ernährungsberaterin Tina Heidinger gebeten, fünf der häufigsten Fragen rund um die Pferdefütterung zu beantworten.
Woran merke ich, dass mein Pferd nicht optimal gefüttert wird?
Zunächst gibt es ganz offensichtliche Anzeichen, die für eine nicht optimale Ernährung sprechen: Das Pferd ist deutlich zu dick oder zu dünn, hat schlechte Hufqualität, Hautprobleme, oder es plagt sich im Fellwechsel. Auch Koliken, Blähungen, Kotwasser oder gar Hufrehe können die Folgen einer unpassenden Ernährung sein.
Auch, wenn das Pferd eigentlich gut im Training ist, und trotzdem nur schwer Muskulatur aufbaut, fehlen in der Regel wichtige Nährstoffe.

Meist sind die Symptome einer nicht bedarfsgerechten Ernährung jedoch subtil. Oft werden sie deshalb spät erkannt, oder gar nicht erst auf die Fütterung zurückgeführt. Ein schwaches Immunsystem, Infektanfälligkeit, Müdigkeit, Gereiztheit, Veränderungen der Haut (“Kupferbrille”) oder auch Probleme mit Knochen, Gelenken und Sehnen können Folgen von Dysbalancen in der Nährstoffversorgung sein.
Häufig sprechen diese Pferde nur schlecht auf konventionelle Therapien an, und verbessern sich erst mit einer bedarfsgerechten, optimal auf das Pferd abgestimmten Ernährung merkbar.
In der Natur werden Pferde doch auch nicht zugefüttert. Muss ich überhaupt synthetische Zusätze füttern?
Der Vergleich mit der Natur ist ein schwieriger. Pferde werden seit mehreren tausend Jahren gezüchtet, also nach bestimmten Merkmalen selektiert. Auch wenn ein Chihuahua irgendwo in seiner Geschichte wahrscheinlich vom Wolf abstammt, so sind die Anforderungen beider Spezies in allen Aspekten komplett verschieden.
In der Natur (falls es das denn für Pferde überhaupt in dieser Form noch gibt) bekommen Pferde auch Hufrehe, Arthrose oder Koliken, und dann sterben sie einfach. Wir hingegen möchten unsere Pferde nicht nur so lange wie möglich gesund erhalten, sondern verlangen ihnen meist auch Leistung ab.
Wir Menschen ernähren uns auch nicht immer 100% ausgewogen. Bei SportlerInnen ist es hingegen selbstverständlich, auf eine optimale Versorgung mit Kohlenhydraten, Proteinen, Mineralstoffen und Vitaminen zu achten, um ihr Leistungspotenzial ausschöpfen zu können. Das Bewusstsein für eine bedarfsgerechte Ernährung hat beim Menschen auch in den Hobby-Fitnessbereich längst Einzug gehalten.
Sobald wir unsere Pferde reiten bzw. trainieren, tragen wir also Verantwortung dafür, dass sie alle wichtigen Nährstoffe zur Verfügung haben, um die Leistung auch erbringen zu können. Aber auch junge, rekonvaleszente, alte oder kranke Pferde sollten nicht mangelernährt werden, und profitieren enorm von einer ausgewogenen Nährstoffversorgung.

Leider ist das Grundfutter unserer Pferde nicht mehr so artenreich, um eine gute Versorgung mit allen wichtigen Mineralstoffen zu gewährleisten. Um die Mängel aus dem Raufutter auszugleichen, wird in der Regel ein Mineralfutter benötigt. “Mineralfutter” bedeutet nicht automatisch “synthetische Chemie”. Die Mineralstoffverbindungen aus mineralisierten Futtermitteln sind meist auch in dieser Form in der Natur zu finden, nur eben nicht so konzentriert.
Welches Mineralfutter soll ich füttern?
Das Angebot an Mineralfuttermitteln am Markt ist riesig und unübersichtlich. Wie findet man nun das passende für sein Pferd? Genügt ein Futter “von der Stange”, oder soll Zink/Mangan/Biotin etc. noch extra zugefüttert werden? Welche Kuren sind sinnvoll?
Zunächst einmal: Ergänzungsfutter ergänzt (wie der Name schon sagt), was im Grundfutter nicht enthalten ist. Die Frage nach dem richtigen Mineralfutter erschließt sich also am ehesten aus einem Blick auf das Heu. Wenn das Heu zum Beispiel viel Eisen und Mangan, aber wenig Zink und Kupfer enthält, dann benötigt das Pferd ein Mineralfutter ohne Eisen und Mangan, jedoch mit ausreichend Zink und Kupfer.
Würde man in diesem Fall zum Beispiel ein sehr eisenhaltiges Mineralfutter geben, dann verstärkt man nur das Ungleichgewicht noch weiter, das ohnehin schon vorhanden ist.
Die Mineralstoffe stehen in Wechselwirkung zueinander. Ein “zu viel” eines Mineralstoffs kann sich negativ auf die Aufnahme eines anderen Mineralstoffs auswirken. Ein “Zinkmangel” ist also vielleicht gar kein echter Zinkmangel, sondern ein Überschuss von etwas anderem. Dann bringt es auch nichts, noch so viel Zink zuzufüttern, wenn der Überschuss nicht behoben wird.
Das beste Mineralfutter ist also eines, das zum Heu, und zu den individuellen Bedürfnissen des Pferdes passt.

Ist das Pferd das ganze Jahr über gut versorgt, dann braucht es auch keine “Kur” im Fellwechsel. Erstens ist es dann ohnehin schon viel zu spät, denn das Ausgleichen eines Mangels im Körper dauert oft mehrere Monate. Zweitens besteht der Mangel eben schon das ganze Jahr über, nicht nur im Fellwechsel. In der Fellwechselzeit wird er nur verstärkt sichtbar. Der Fellwechsel ist schließlich keine Krankheit, und bei bedarfsgerecht ernährten Pferden geht er ganz problemlos über die Bühne.
Braucht mein Pferd Kraftfutter?
Kraftfutter, also z.B. Getreide, Pellets oder Müsli, benötigt ein Pferd dann, wenn es seinen Energiebedarf nicht aus dem Heu decken kann. Eine ausreichende Heufütterung sollte natürlich gewährleistet sein. Manche Pferde haben jedoch rasse-, alters- oder krankheitsbedingt einen erhöhten Bedarf, oder sie erbringen so hohe Leistung, dass sie auch dann zu dünn bleiben, wenn sie Heu zur freien Verfügung haben. In diesen Fällen kann man den Energiegehalt der Ration mit Kraftfutter erhöhen. Die allermeisten Freizeitpferde sind bei einer großzügigen Heufütterung jedoch nicht untergewichtig, und brauchen daher auch kein Kraftfutter. Im Gegenteil: füttert man Kraftfutter einfach so über den Bedarf hinaus, kann es sogar schädlich sein.
Wie viele Leckerlies darf ich meinem Pferd füttern?
Das hängt sehr von der Verfassung des Pferdes, und von der Art der Leckerlies ab. Die meisten, im Handel erhältlichen Leckerlies sind wahre Kalorienbomben! Auch Obst und Gemüse enthält viel Zucker, und sollte nur sehr sparsam gefüttert werden. Eine handvoll Leckerlies pro Tag ist wirklich die Obergrenze.

Im Jungpferdetraining oder beim Clickertraining kommt es schnell zu einem höheren Verbrauch. Hier ist es am sinnvollsten, das Futter zur Belohnung zu verwenden, welches das Pferd ohnehin in seiner Ration bekommt. Bekommt ein Pferd zum Beispiel Hafer als Kraftfutter, so kann ein Teil der Haferportion gleich als Belohnungsfutter im Training verwendet werden.
Ist das Pferd ohnehin schon eher zu dick, und benötigt gar kein Zusatzfutter, dann sollte ganz besonders darauf geachtet werden, dass Belohnungsfutter so kalorienarm wie möglich zu gestalten. Besonders gut geeignet sind Gemüsesorten mit hohem Wassergehalt (z. B. Salatgurken) oder kleine Pellets auf Heubasis zum trocken füttern. Mehr Ideen für gesunde Leckerlis findest du hier am Blog im Leckerli-Guide.
Fazit
Ich hoffe, die Antworten von Tina konnten ein bisschen Licht in den Fütterungsdschungel bringen! Wenn du spezifische Fragen zu deinem Pferd und seiner Fütterung hast, empfehle ich dir eine gezielte Ernährungsberatung für dein Pferd durchführen zu lassen. Dazu gibt es mittlerweile einige Profis in Deutschland und Österreich und so eine Experten-Beratung zahlt sich in jeder Hinsicht mehrfach aus, weil die Fütterung dein gesamtes Pferd beeinflusst.
Dieser Gast-Artikel wurde von Tina Heidinger geschrieben. Tina ist Pferde-Ernährungsberaterin mit Sitz in Niederösterreich und steht mit ihrer Expertise sowohl für Pferdebesitzer als auch Pferdebetriebe zur Verfügung. Auf ihrer Website www.pferdestaerken.at findest du nicht nur ihr Beratungsangebot, sondern auch Beispiele aus der Praxis und ihren Blog rund um Pferdefütterung.
Heucobs bzw. -Pellets sollten NIE trocken gefüttert werden. Die Gefahr einer Schlundverstopfung besteht auch bei einzelnen Stücken zumal durch Stress und Ablenkung oft nicht klein genug Zermatt wird
Da gibt es sehr große Unterschiede und es sollten niemals Heucobs verwendet werden, die beim Aufweichen aufquellen. Es gibt aber spezielle Heucobs, die so fest gepresst sind wie „normale“ Leckerlis und die extra zum trocken Verfüttern produziert werden. Diese sind sehr gut als Leckerlis geeignet.
Davon abgesehen gibt es Pferde, die auch mit anderen Futtermitteln Schlundverstopfungen bekommen können – ich kannte einen Araber, der mit Karottenstücken eine Schlundverstopfung erlitt.
Allgemein sollte man bei gierigen Pferden, die zum Schlingen ohne Kauen neigen, sehr große oder sehr weiche Futtersorten wählen, besonders gut darauf achten dass diese nicht hungrig sind (direkt vorher satt füttern) und den Erregungslevel sehr gering halten (z.B. ganz kurze Einheiten, viele Pausen und eine alternative Futterquelle anbieten). Dann reduziert sich das hastige Fressen im Normalfall von selbst sehr rasch und die Gefahr einer Schlundverstopfung wird verringert.