Diese Frage bekommen wir sehr häufig gestellt und darum möchte ich hier einen Einblick geben. Denn neben den Kosten ist der zeitliche Aufwand eines Stalls in Eigenregie der am häufigsten unterschätzte Faktor (nebenbei bemerkt, auch der Kraft- und Nervenaufwand sind äußerst unterschätzt, aber diese lasse ich hier mal außen vor 😉 )
Täglicher Aufwand
Objektiv betrachtet ist den meisten Pferdebesitzern klar, dass ihre Lieblinge täglich versorgt werden müssen; mit Futter, Wasser, Gesundheitskontrolle und meist auch in hygienischer Sicht (Stall und Auslauf sauber halten). Den allerwenigsten ist jedoch klar, was das eigentlich bedeutet: 365 Tage im Jahr, ohne Ausnahme und Rücksichtnahme. Jeden einzelnen Tag, egal ob man einen schlechten Tag hat, krank ist oder ganz einfach mal gerne Urlaub machen würde.
Wenn man sich die Arbeit daher nicht aufteilt oder eine Vertretung hat, dann ist man als Stallbesitzer ganz schön angehängt. Und anders als mit Kindern oder einem Hund kann man die Pferde nicht einfach mitnehmen, weder ins Kino noch in den Urlaub. Nein, sie warten immer brav in ihrem Stall darauf, dass man sich um sie kümmert. Jeden Tag wieder, stets zur gleichen Uhrzeit. Und natürlich zu Recht! Wir nehmen ihnen ihre Freiheit, also ist es wohl das mindeste dass wir uns auch täglich um sie kümmern.
Als Mensch mit einem Vollzeitjob und sozialem Leben bedeutet das allerdings: man muss seinen Tagesablauf nach den Pferden richten. Sonntags ausschlafen? Nur wenn die Pferde versorgt sind. Kaffeekränzchen am Nachmittag? Aber nur so, dass man wieder rechtzeitig zur Abendfütterung im Stall ist. Pferde sind pingelig, was den geregelten Tagesablauf betrifft.
Wie viel Aufwand bedeutet die tägliche Stallarbeit nun wirklich?
Bei uns sieht der Pferdealltag so aus:
- 07:00: Füttern + Abmisten von Stall und Paddock
- 13:30: Füttern
- 20:00: Füttern, Abmisten von Stall und Paddock, Pferdeklo erneuern
Wie lange die einzelnen Sessions dauern, ist abhängig davon wo die Pferde ihre Zeit verbracht haben. Im Sommer, wenn ein Stück Wiese zugänglich ist und sich die Pferde nur wenig im Stall aufhalten und daher hauptsächlich auf der Weide äpfeln und urinieren, hält sich der Arbeitsaufwand sehr in Grenzen: morgens ca. 20 Minuten, mittags etwa 15 Minuten und abends rund 25 Minuten. Also pro Tag ca. 1 Stunde, das ist ziemlich wenig für 3 Pferde.
Aber: das ist leider nur das “Sonnenscheinszenario”, das auf ca. 3 Monate im Jahr zutrifft. Bei Schlechtwetter, ungünstigen Bodenverhältnissen, Schnee, Gatsch, Nässe etc. (oder auch bei besonders heißen Sommertagen), wenn also entweder der Auslauf zwecks Bodenschutz begrenzt ist oder sich die Pferde aufgrund der Witterung freiwillig großteils im Stall oder am Paddock aufhalten, steigt der Aufwand enorm: da steht man morgens schon mal gut 50 Minuten im Stall, mittags nochmal 30 Minuten und am Abend häufig wieder mind. 50 Minuten. Das macht in Summe knapp 2 ¼ Stunden reine Arbeitszeit.
Durchschnittlich gesehen sind wir damit täglich regulär gut 1,6 Stunden mit Stallarbeit beschäftigt.
Wer sich nun denkt dass das gar nicht so schimm ist, der sei vorgewarnt: ich schreibe absichtlich “regulär”, denn damit ist der tägliche Aufwand noch nicht getan 😉
Unregelmäßiger Aufwand
Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben beläuft sich das durchschnittliche Minimum des täglichen Arbeitsaufwands auf ca. 1,6 Stunden. Dieses kommt jedoch nur dann zur Geltung, wenn von Füttern, Misten und Pferdeklo abgesehen kein einziger zusätzlicher Handgriff zu tun ist. Und ich kann aus Erfahrung sagen: pro Jahr kann ich diese Tage an zwei Händen abzählen 🙂
Häufiger “Kleinkram”
Denn es ist immer noch irgendwas zu tun: ein Klassiker sind div. Transport-Wege, z.B. “Heu abwerfen” (d.h. das Heu erstmal vom Heuboden in den Stall zu bekommen, damit es überhaupt verfüttert werden kann), gefolgt von “Stroh vorbereiten” (wir bieten über Nacht Stroh zum Knabbern an und dieses muss ebenso erst an seinen Bestimmungsort transportiert werden), genauso wie “Klo-Material in den Stall manövrieren” (auch wenn der Weg nicht weit ist, fallen die wenigen Meter bei den schweren und unhandlichen Packungen an Einstreu gleich mehrfach ins Gewicht, da diese auch nicht in eine Scheibtruhe passen).
Alleine diese drei Tätigkeiten beanspruchen jeweils für sich nochmal ca. 10 Minuten, was zunächst nicht viel erscheint. Da diese aber etwa jeden dritten Tag anfallen, kann man pro Woche gleich mal eine gute Stunde mehr rechnen.
Ähnliche Tätigkeiten, die per se nicht lange benötigen, sich aber ebenfalls summieren:
- Tränke säubern
- Zusatzfutter (z.B. Selen) und/oder Medikamente verabreichen
- Weidebereiche verändern (Tore auf-/zu-/umhängen)
Hierfür kann in Summe nochmal ca. eine Stunde wöchentlich addiert werden.
Mit dem täglichen Durchschnitt plus diesen unregelmäßigen Kleinkram-Tätigkeiten kommen wir pro Woche auf mehr als 13 Stunden.
Gelegentlicher “Großkram”
Neben den häufiger anfallenden irregulären Arbeiten gibt es auch weniger häufig anfallende und dafür deutlich aufwendigere ToDos rund um Stall und Weide. Dazu gehören in unserem Fall:
- Weide abmisten: je nach Jahreszeit und Witterung verbringe ich mehrere Stunden meines Wochenendes damit; durchschnittlich kann man hier jede Woche eine Stunde zählen.
- Fallobst beseitigen: die Obstbäume sind meine größten Feinde geworden, denn diese tragen jedes Jahr wieder massenhaft unbrauchbare (und für die Pferde natürlich viel zu gehaltvolle) Früchte. Noch dazu haben wir unterschiedliche Arten (Äpfel, Birnen, Kirschen, Zwetschgen, Mirabellen, Walnüsse), so dass quasi jedes Monat irgendeine Art Früchte abwirft. Und diese gilt es natürlich vor den Pferden zu beseitigen! Da diese Aufwand jedoch im Winter entfällt, beläuft sich der wöchentliche Zusatzaufwand jedoch nur auf etwa eine Viertelstunde.
- Unkraut/Giftpflanzen beseitigen: auf jeder Weide wachsen mehr oder weniger viele unerwünschte Pflanzen. In unserem Fall kämpfen wir insbesondere mit kriechendem Hahnenfuß (“Butterblumen”), Sauerampfer und Johanniskreuzkraut. Auch hier ist Handarbeit angesagt, konkret: händisches Ausstechen und Ausmähen der Pflanzen, und zwar immer wieder. Denn die Pflanzen bilden unterirdische Ausleger, die stets neu austreiben. Über das Jahr verteilt kommt so ca. ein monatlicher Zusatzaufwand von rund 1 Stunde zustande, also nochmal rund 15 Minuten pro Woche.
- Mist weg bringen: wir lagern unseren Pferdemist auf einem Kipp-Anhänger, der daher regelmäßig weg geführt werden muss; unser Anhänger reicht für das Volumen von etwa 10 Tagen und das Wegführen mit dem Traktor benötigt etwa 40 Minuten. D.h. hier kann wöchentlich etwa eine halbe Stunde addiert werden.
- Reparaturen: ich kann euch versichern: irgendetwas geht immer kaputt. Egal ob der Elektro-Zaun vom Sturm beschädigt wurde, eine Latte in der Holzwand morsch ist oder ein Scheinwerfer der Paddock-Beleuchtung den Geist aufgibt: es gibt immer etwas auszubessern oder zu reparieren. Das passiert natürlich nicht jede Woche, aber durchschnittlich schon ca. 1x/Monat; und wenn es dann passiert, ist es meistens etwas aufwendiger um das wieder in Ordnung zu bringen (bzw. die Reparatur erst mal zu organisieren), durchschnittlich aber ca. 2 Stunden. Pro Woche macht das also eine halbe Stunde.
Insgesamt kann man für diese unregelmäßig wiederkehrenden Aufgaben pro Woche plus ca. 2,5 Stunden veranschlagen, womit wir bereits bei ca. 16 Wochenstunden sind.
Seltenere Großprojekte
Nebst den bisher aufgezählten Tätigkeiten gibt es auch immer wieder zusätzliche Aufgaben die erledigt werden wollen. Diese stehen jedoch nur alle paar Monate oder Jahre an, seien aber vollständigkeitshalber trotzdem erwähnt:
- Weide kalken: wir pflegen unsere Weide aktuell 1x jährlich mit Kalk, allerdings werden wir hier aufgrund der intensiven Nutzen zukünftig wahrscheinlich öfter Pflegemaßnahmen ergreifen müssen. Da unsere Fläche zu klein und eng für maschinelle Bearbeitung ist, muss dies per Hand durchgeführt werden und benötigt dafür entsprechend ca. 5 Stunden.
- Weide nachsäen: da wir unser Grundstück in Parzellen unterteilt haben, werden diese unterschiedlich nachgesät. Genauso wie beim Kalken bleibt uns hier nur die manuelle Durchführung, inkl. Bodenlockerung. Hierfür investieren wir ca. alle 3 Monate jeweils ca. 3 Stunden.
- Heu- und Stroh-Lieferung: wir bekommen unser Raufutter zwar per LKW geliefert, aber damit ist die Arbeit noch nicht getan: die Ballen wollen auch noch abgeladen, in die Scheune überführt und dort geschlichtet werden! Dafür fällt etwa halbjährlich ein Aufwand von etwa 4 Stunden an.
- Stall kalken: dies ist mitunter eine der aufwendigsten Arbeiten; das Kalken ansich benötigt ungefähr einen Tag, hinzu kommt jedoch der erhöhte reguläre Aufwand für die Pferdeversorgung, da sie sowohl beim Kalken als auch danach nicht in den Stall dürfen. Insgesamt kann für diese Tätigkeit etwa zwei Tage gerechnet werden
- Sand auffüllen: da die Tretschicht am Paddock mit der Zeit aufgrund des leichten Gefälles (welches jedoch für die Drainage unbedingt erforderlich ist) abrutscht, muss der Sand regelmäßig nachgeschüttet werden. Bei uns war es erstmals nach 4 Jahren so weit und die Lieferung ist zwar unaufwendig, aber das (händische) Verteilen des Belags auf dem Paddock ist zeitintensiv. Insgesamt kann hier gut mit einem Tag gerechnet werden.
Diese Beispiele klingen auf den ersten Blick nicht nach viel Aufwand und isoliert betrachtet ist es das auch nicht. Aber wenn man sich verdeutlicht, dass diese Tätigkeiten jeweils noch zusätzlich zu den “normalen” Stallarbeiten anfallen und daher mehr oder weniger regelmäßig ein ganzes Wochenende veranschlagen, dann ist dieser Zusatz-Aufwand nicht zu unterschätzen.
Dazu kommen dann noch diverse Verbesserungen, Umbauarbeiten etc.; sobald man einen Hof hat, gibt es immer etwas zu optimieren 😉 unsere letzten Projekte kannst du dir z.B. im Jahresrückblick für 2017 ansehen.
Fazit
Unser kleiner Ponyhof generiert einen wöchentlichen Aufwand von ca. 16 Stunden. Um das zu verdeutlichen: dies ist reine Arbeitszeit. In diesen 16 Stunden ist noch keinerlei “Spaß-Beschäftigung” wie Reiten, Spazierengehen oder auch nur Putzen inkludiert.
Zusätzlich wird die verbleibende Freizeit regelmäßig von größeren Projekten okkupiert, so dass auch die Wochenenden oftmals nicht für “Pony Quality Time” genutzt werden können. Rein von der nicht-vorhandenen Zeit abgesehen bleibt darüber hinaus oftmals auch keine Energie mehr für irgendwelche pferdigen Freizeittätigkeiten.
Außer der effektiven Arbeitszeit gibt es dabei außerdem noch einen anderen entscheidenden Faktor: das Wetter.
Während man sich im Frühjahr oftmals noch freut die ersten Sonnenstrahlen beim Abmisten im Freien zu genießen, so ist dies im Hochsommer mit lästigen Insekten schon nicht mehr so spaßig.
Noch weniger lustig sind die Arbeiten dann bei Nässe im Herbst (wenn nasskalter Nebel in jede Ritze der Kleidung kriecht) und im Winter.
Dabei sind nicht nur die Schneestürme und eisiger Wind das Problem, sondern oftmals die schiere Kälte: angefrorene Pferdeäpfel vom Paddock hacken oder Pferdehaufen aus frischem Schnee ausgraben sind dabei nur zwei der beliebtesten Tätigkeiten. Und zwar mind. 2x täglich 😉
Als Fazit kann ich daher sagen: ich liebe meinen Ponyhof. Ich sehe meine Pferde sehr häufig, bin viel an der frischen Luft und mache ordentlich körperliche Arbeit. Aber wer denkt, dass der Ponyhof ein Zuckerschlecken ist, der irrt. Es ist vielmehr ein ernstzunehmender Teilzeit-Job, der keine Ausnahme und keinen Krankenstand kennt.
Du hast ebenfalls einen Ponyhof? Dann würde ich mich freuen, wenn du deine Erfahrungen zum alltäglichen Aufwand mit mir teilst!
Ich kann jedes Deiner Worte nachvollziehen , mein „Ponyhof “ besteht aus ursprünglich 4 Pferden, mein Mann und ich sind voll berufstätig- nicht leicht auch noch Zeit zum Genießen zu finden, seit kurzem gibt’s noch Nummer 5 – der gehört aber einer Freundin, die uns jetzt tatkräftig unterstützt- vor allem wenn wir mal wegfahren wollen ist das super. Aber grundsätzlich bedeutet ein eigener Hof ständige Arbeit, bist auf der einen Ecke fertig, kannst auf der nächsten anfangen , trotzdem möchte ich es nicht missen, dass ich meine Pferde bei mir habe und sie so halten kann wie ich es für richtig empfinde
Hallo Klaudia, danke für dein Feedback! Ja, so geht es scheinbar sehr vielen Ponyhof-Besitzern – sehr viel Arbeit, aber irgendwie möchte man es trotzdem nicht mehr missen 🙂 und wenn man so tatkräftige Unterstützung bekommt, ist das natürlich überhaupt ideal. Da fällt es dann leichter, auch mal abzuschalten und sich ein bisschen Freizeit zu gönnen 🙂
Schönen lieben Tag, meinerseits habe ich seit über 25 Jahren Pferde- und Stallerfahrung und kann daraus bestätigen, nur wenn man schnell ist, schafft man eine Ordentliche Stallarbeit, misten füttern kehren in ca. 13 min. pro Pferd.. ohne sonstige Zwischenfälle.. zack zack.. Wohlgemerkt pro Pferd.. das kann man sich dann hoch rechnen zzgl. der schönen Arbeit rund um den Hof.. Koppel, Gebäude etc.. Leider muss ich auch erfahren, das manche Hoferben völlig von der Realität weg gelebt haben während der Kindheit und dann bei Hofübergabe kurz darauf später völlig überfordert sind..und nur am jammern sind…Entweder man hat richtige Leidenschaft dafür und lebt für nichts anderes.. oder man lässt es dann besser bleiben, wenn man ständig die Uhr im Blick haben möchte und sich zu sehr an die Freizeit verwöhnte Bevölkerung umschaut..