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Clicker am Pferderücken, clickern beim Reiten ohne Sattel

Warum ich Clicker-Training liebe (und es trotzdem nicht immer mache)

Zum Training mit dem Clicker gibt es viele Ansichten; die einen schwören darauf, die anderen tun es als mühsamen oder unnötigen Schnick-Schnack ab. Interessanterweise betrifft das nicht nur die Pferdewelt: auch in der Hundeerziehung, bei Meerschweinchen oder im Training mit Menschen wird der Clicker ebenso erfolgreich eingesetzt wie kontrovers diskutiert.

Wenn du dich ernsthaft für das Clicker-Training interessierst, wirst du nicht nur in der Literatur sondern auch im Internet über eine Vielzahl an (guten) Quellen stoßen. Deshalb möchte ich hier auch nur oberflächlich auf den wissenschaftlichen Hintergrund eingehen, und viel mehr meine persönliche Ansicht und Erfahrungen mit dir teilen.

Positive Verstärkung

Um jedoch über Vor- und Nachteile reden zu können, ist es wichtig zu wissen dass das Clicker-Training eine Ausdrucksform der positiven Verstärkung ist.

Das Prinzip ist einfach: gewünschtes Verhalten wird mittels etwas Angenehmen verstärkt. Das Gegenstück dazu ist die “negativen Verstärkung”, bei der gewünschtes Verhalten über das Entfernen von etwas Unangenehmen verstärkt wird. Dieses Prinzip wird z.B. im Natural Horsemanship eingesetzt.
Das “Etwas” wird bei beiden Methoden als “Verstärker” bezeichnet. Bei der negativen Verstärkung ist der Verstärker meist eskalierender Druck (der bei “richtigem” Verhalten entfernt wird), bei positiver Verstärkung ist der Verstärker – zumindest im Tier-Training – fast immer Futter.

Futter hat sich deshalb bewährt, da Futter normalerweise uneingeschränkt positiv besetzt ist und von jedem Tier verstanden wird; außerdem kann Futter sehr gut dosiert und unmittelbar eingesetzt werden.

Alternativ könnten auch andere Verstärker eingesetzt werden, beispielsweise soziale Interaktionen (z.B. Kraulen/Fellpflege). Dies ist im täglichen Training aber oftmals unpraktisch, da dafür eine längere Unterbrechung nötig ist als für ein kleines Leckerchen. Zudem wird dafür der Menschen als Interaktionspartner benötigt, was für viele Tiere nicht den gleichen Stellenwert hat oder mit Vorbehalt gesehen wird. Ein Leckerli ist hingegen ansich neutral und unabhängig vom Menschen.

Da Leckerlis im Clicker-Training eine sehr wichtige Rolle spielen, habe ich die unterschiedlichen Faktoren zu Leckerlis in einem eigenen Guide zusammengefasst.

Wo kommt nun der Clicker ins Spiel?

Das Prinzip der positiven Verstärkung funktioniert daher ausschließlich über den Verstärker, d.h. das (Futter-)Lob; wozu braucht man nun den Clicker?

Hier trennt sich nun die Clicker-Gemeinde in zwei unterschiedliche Lager auf: die einen verwenden den Clicker per se als Verstärker, d.h. sie ersetzen das (Futter-)Lob mit dem Click. Das funktioniert, indem man den Clicker als positives Signal etabliert (meist wieder mit Futter), so dass das Tier das Geräusch ansich bereits als etwas Positives und damit als Verstärker empfindet. Das Futter wird dabei „ausgeschlichen“, d.h. mit der Zeit nicht mehr gegeben sondern nur noch der Click.
Meiner Erfahrung nach funktioniert dies jedoch nur eingeschränkt, bzw. nur mit begrenzter Dauer. Das heißt, man muss die positive Behaftung des Geräuschs von Zeit zu Zeit wieder “aufladen” (also wieder mit Futter assoziieren). Darüber hinaus ist oftmals die Intensität abgeschwächt; d.h. der Click ansich wird als weniger starker Verstärker empfunden im Vergleich zur zweiten Variante. Was ist daher die andere Variante?

Der Click als Marker

Nun, die Alternative ist, das Click-Geräusch als sogenannten “Marker” einzusetzen. Denn im Tier-Bereich haben wir oftmals das Problem, dass wir dem Tier ja überhaupt erstmal vermitteln müssen, was wir von ihm wollen.

Sowohl bei der positiven als auch negativen Verstärkung muss das Tier das gewünschte Verhalten überhaupt erst mal zeigen, damit man es dann verstärken kann. Denn was nicht vorhanden ist, kann auch nicht verstärkt werden 😉
Und hier kommt nun der Clicker in jener Form ins Spiel, wie auch ich ihn benutze: der Click markiert ganz eindeutig jene Aktion, die erreicht werden soll (bzw. die den ersten Schritt in die gewünschte Richtung darstellt).

Das mag für uns Menschen sehr banal klingen, aber für ein Tier ist es oftmals sehr schwierig, unsere Intention bzw. unseren Wunsch zu erkennen. Auch wenn wir noch so sehr versuchen deutlich zu kommunizieren, so kann unser Tier immer nur raten, was wir eigentlich meinen (denn es versteht die Bedeutung unserer Worte ja nicht). Wir Menschen haben oftmals ein vorgefertigtes Bild vom Endergebnis vor Augen von der Aktion, so dass es uns unverständlich erscheint warum unsere vierbeinigen Freunde einfach nicht verstehen worum es uns geht.

Ein Beispiel: in einen Reifen steigen

Nehmen wir zum Beispiel die Übung, das unser Pferd mit einem (oder mehreren) Füßen in einen am Boden liegenden Reifen treten soll. Der Reifen liegt am Boden, das Pferd steht davor. Unser erster Ansatz ist vermutlich, das Pferd einen Schritt nach vorne zu führen, so dass es dabei von selbst in den Reifen steigt.

Angenommen das funktioniert auf Anhieb und wir loben das Pferd: für uns ist sonnenklar, dass das Lob für die Füße im Reifen kam. Für das Pferd muss das aber nicht unbedingt genauso klar sein! Das Lob könnte auch für eine Vielzahl an anderen Aktionen zustande gekommen sein: weil es brav einen Schritt nach vorne gemacht hat. Weil es brav angehalten hat. Weil es nicht auf den Rand des Reifens getreten ist. Weil es sich bei Stehenbleiben ein bisschen mehr auf die Hinterhand gesetzt hat. Weil es sich beim losgehen gebogen hat. Weil es den Kopf gesenkt hat. Oder noch viel mehr – das alles sind sehr menschliche Beispiele, aber mit den Sinneswahrnehmungen eines Pferdes können hier noch zig andere Gründe für das Lob in Frage kommen. Woher soll unser armes Tier denn nun wissen, wofür das Lob gegolten hat?

Der Click als Marker

Und hier kommt dem Clicker nun die höchste Bedeutung zu: als Marker-Signal. Das heißt, das Geräusch markiert sehr eindeutig die Aktion, die belohnt wird. In dieser Funktion ersetzt der Click daher nicht den eigentlichen Verstärker (z.B. das Leckerli), sondern wird diesem nur voran gestellt, um ganz eindeutig jene Aktion zu markieren, welche erwünscht ist.

Grundsätzlich könntest du für den gleichen Zweck auch ein Stimm-Signal verwenden, z.B. ein Wort oder ein Zungenschnalzer. Der Click hat demgegenüber jedoch einige Vorteile, nämlich: Eindeutigkeit – Neutralität – Kontext – Timing

Eindeutigkeit

Der Click hört sich aufgrund der mechanischen Erzeugungsweise immer gleich an, unsere Stimme jedoch nicht. Mit einem Stimm-Signal (insbes. einem gesprochenen Wort) kann sich das Signal jedes Mal ein bisschen anders anhören; die meisten Tiere erkennen das Signal trotzdem sehr rasch, aber es bedeutet für das Gehirn eine zusätzliche Leistung das Signal einzuordnen. Diese zusätzliche “Gehirn-Leistung” entfällt beim Click.

Neutralität

Der Click ist emotionslos, wohingegen unsere Stimme immer (egal ob gewollt oder ungewollt) Emotionen transportiert, selbst bei einem Zungenschnalzer. Und gerade unsere feinfühligen (und gut hörenden!) Equiden nehmen diese Emotionen sehr stark wahr und reagieren darauf. Das Lob wird damit möglicherweise nicht mehr als Lob empfunden (oder nur noch abgeschwächt).

Kontext

Der Click ist nicht nur für den “Empfänger” (d.h. unser Pferd) sondern auch für den “Sender” (d.h. uns selbst) ein sehr eindeutiges und bewusstes Signal. Es passiert uns daher im Alltag so gut wie nie, dass wir den Click versehentlich auslösen. Hingegen setzen wir ein Stimm-Signal häufig auch (unabsichtlich) in unterschiedlichen Situationen bzw. in verschiedenen Kontexten ein.
Insbesondere das Schnalzen der Zunge setzen wir sehr oft unbewusst in ganz unterschiedlichen Umständen und mit verschiedenen Bedeutungen ein (z.B. um die Aufmerksamkeit von unserem Tier zu erwecken, um in der Bewegung einen Takt vorzugeben etc.). Der Click hingegen wird von uns normalerweise äußerst bewusst ausgelöst und daher die Fehleranfälligkeit minimiert.

Timing

Dies ist eines der größten Stärken des Clickers: er ermöglicht ein super präzises Timing. Ein stimmliches Signal hat immer eine längere Dauer als der Click und wirkt damit schwammiger. Die zu lobende Aktion dauert hingegen oftmals nur einen Sekundenbruchteil. Das kann häufig dazu führen, dass wir mit einem Stimm-Signal leider unabsichtlich schon die nachfolgende Aktion loben!. Zudem benötigen unsere Stimmorgane oft länger, um das Signal überhaupt zu erzeugen. Der Click wird aufgrund unserer hohen Fingerfertigkeit hingegen sehr schnell ausgelöst.

Es ist daher nicht unmöglich, anstatt des Clickers auch einfach ein Stimm-Signal zu verwenden. Man muss sich jedoch der Nachteile bewusst sein bzw. diese ggf. bewusst in Kauf nehmen. Diese Nachteile lassen sich jedoch auch gezielt nutzen, wie ich selbst im Laufe meines Trainings festgestellt habe.

Mein persönlicher Einsatz

Aus diesen Ausführungen sieht man schon, dass ich ein Fan des Clickers bin :). Dazu ist jedoch zu sagen, dass ich mich lange Jahre zu den “Anti-Clickern” gezählt habe: ich hatte den Clicker in der Welle des ersten “Hypes” in der Pferdewelt halbherzig ausprobiert, festgestellt dass er nicht die versprochenen Wunder gebracht hat und hatte den Clicker daraufhin jahrelang ausgeblendet bzw. belächelt.

Rückblickend betrachtet lagen meine damaligen Misserfolge mit dem Clicker natürlich nicht am Clicker, sondern an mir bzw. der falschen Anwendung. Denn – und dies ist ein häufiges Missverständnis von Clicker-Neulingen – beim Clickern kann man allerlei falsch machen: wie eingangs erwähnt, ist das Clicker-Training lediglich eine Anwendungsform der positiven Verstärkung. Das eigentlich Wesentliche ist daher, die positive Verstärkung korrekt anzuwenden – der Clicker ist hierbei nur Mittel zu Zweck.

Viele Clicker-Einsteiger (so wie auch ich damals) kaufen sich einfach einen Clicker und benutzen ihn “irgendwie”; damit erhält man aber leider auch nur “irgendein” Ergebnis und häufig nicht das gewünschte. Es ist daher enorm wichtig, für einen erfolgreichen Einsatz sich eingehender mit der Materie der positiven Verstärkung zu beschäftigen und den Clicker bewusst einzusetzen.

Der Clicker kann sehr viel Positives bewirken, aber er stellt auch gewisse Anforderungen an den Anwender:

  • Reflektieren über die gewünschten Aktionen,
  • Vermeiden von inneren Zwängen,
  • Üben des korrekten Timings und von Futter-Manieren sowie
  • Selbstkontrolle zur Vermeidung von unbewusster Überblendung mit anderen Trainingsansätzen (insbes. negativer Verstärkung)

sind dabei nur einige Gefahrenquellen, die bedacht werden müssen. Denn: bei falscher Anwendung (und dazu gehört leider oftmals schon der unbedachte Einsatz) kann der Clicker sehr unerwünschte Auswirkungen haben! Von “Futter-Monstern” bis zu demotivierten Pferden und frustrierten Besitzern reicht die ganze Palette, so dass schließlich leider manchmal das Gegenteil erreicht wird von dem, was man sich als Mensch erwartet hätte.

Wann setze ich den Clicker ein?

Ich selbst setze den Clicker mittlerweile jedoch sehr gerne ein, allerdings stets sehr gezielt und bei weitem nicht ständig. Ich setze den Clicker dann ein, wenn ich ein sehr präzises Kommunikationsinstrument haben möchte. Das trifft z.B. in folgenden Situationen zu:

  • Wenn ich mit einem Tier etwas Neues erlernen möchte; hier hilft der Clicker enorm um rasch und motiviert “auf den richtigen Weg” zu kommen.
  • Wenn ich mit einem verzogenen Pferd zu tun habe (d.h. mit einem Pferd, dem aggressives Verhalten anerlernt wurde), insbesondere was Futter-Lob angeht; die Präzision des Clickers ist hier ungemein wertvoll, jedoch nur in Kombination mit Konsequenz des Besitzers (d.h. auch hier: bei inkonsequenter Anwendung kann es im schlimmsten Fall zu einer deutlichen Verschlechterung des Problems kommen!).
  • Wenn ich mit Menschen zu tun habe, die sich ihrer eigenen Aktionen nicht sehr bewusst sind: hier dient der Clicker (wie übrigens viele andere Trainingsmethoden auch) mehr als Menschen-Training, da sie sich selbst aufgrund des eindeutigen Geräuschs viel mehr ihres Timings und ihres Lob-Verhaltens bewusst werden. Es fällt ihnen damit oftmals deutlich leichter, konsequent zu sein.

Wann setze ich den Clicker nicht ein?

Es gibt jedoch auch Situationen, bei denen ich den Clicker nicht einsetze. Dazu gehören die meisten Alltagssituationen, da ich hier den Clicker schlichtweg nicht bei mir habe. Das sind dann jedoch auch jene Situationen, bei denen (mir) Präzision nicht so wichtig ist.

Andererseits setze ich den Clicker auch oftmals im Training gezielt nicht ein. Nämlich dort wo ich nicht eine super spezifische Aktion, sondern eher eine “Stimmung” oder länger andauernde Ausführung loben möchte. Wo es also kein exaktes “Ziel” bzw. eher keinen genauen “Peak” einer Aktion gibt. Das trifft jedoch nur dort zu, wo mein Pferd bereits weiß um was es geht. Es soll daher nicht zu einem “Ratespiel” mutieren, sondern eher wo es um gewohnte Ausführungen und Muster geht. Auch hier benötige ich kein super präzises Marker-Signal, sondern nutze die allgemeine Lob-Wirkung meiner Stimme.

Damit es hier zu keinem Missverständnis kommt: auch in diesen Trainingssituationen setze ich uneingeschränkt auf positive Verstärkung und Futter-Lob! Nur eben ohne Clicker, sondern in Kombination mit meinen (schwammigeren) Stimm-Signalen.

Angst als Ausnahmesituation

Und last but not least, eine der wichtigsten Ausnahmen zum Clicker-Training: Angst-Situationen. Wenn ein Tier wirklich richtig Angst hat (also nicht nur bloße Zurückhaltung bei einem neuen Objekt, sondern Tendenz Richtung Panik zeigt), so halte ich das Clicker-Training hier für einen absolut ungeeigneten Ansatz. Oberflächlich lassen sich damit zwar häufig trotzdem Erfolge erreichen, allerdings nur selten dauerhaft.

Dies resultiert daraus, dass Training über Futter ein externer Motivator ist. In Situationen, in denen jedoch das Unterbewusstsein (d.h. eigentlich der “Fight- or Flight-Mode” des Sympathikus) die Kontrolle über den Körper übernimmt, sind externe Motivatoren nur unzureichend um eine Wirkung im Gehirn auszulösen. In solche einem Kontext ist es daher wichtiger, das Gehirn davon zu überzeugen dass keine Gefahr herrscht – und dies lässt sich nicht über Futter erreichen (ein geeigneterer Ansatz hierbei ist z.B. CAT = Constructional Approach Training).

Fazit

So, ich hoffe ich konnte dir einen kleinen Einblick zum Thema Clicker-Training geben! Es gäbe dazu noch sehr viel mehr zu sagen, da der wissenschaftliche Bereich dahinter sowie die davon betroffenen Trainingsaspekte riesig sind. Diese Themen wurden aber bereits von vielen klugen Menschen sehr gut aufbereitet, so dass ich dir an dieser Stelle nur mitgeben möchte: wenn du mit deinem/n Pferd(en) partnerschaftlich und mit positiver Verstärkung trainieren willst, so ist der Clicker ein wunderbares Instrument.

Wenn du dich für einen Clicker entscheidet, so ist dies auch keine entweder-oder-Entscheidung – der Clicker lässt sich sehr gut situativ einsetzen. Und die Anschaffung ist nicht teuer: du erhältst den Clicker bereits für ein paar Euro auf Amazon*. Dabei gibt es keinen Unterschied, ob du einen Clicker für Hunde oder für Pferde nimmst – sie funktionieren alle gleich. Ich empfehle dich aber unbedingt ein Modell, bei dem der Knopf erhaben ist, also kein „Kasten-Modell“ (bei dem du das Metall-Blättchen nach innen drückst). Grund: das „Kasten-Modell“ ist mit Handschuhen quasi nicht zu bedienen.

Wichtig ist nur (wie bei allen Pferde-Themen): beschäftige dich mit dem Thema, bevor du es an deinen Tieren ausprobierst. Es liegt an dir, ob ihr damit gemeinsam Erfolg habt oder nicht! Denn wie bei so vielen anderen Trainingsinstrumenten, gilt auch beim Clickern: es kann eine wunderbares Mittel sein, aber es ist kein Wundermittel 🙂

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