Genauso wie sich mein Trainingsansatz mit Pferden im Laufe der Jahre geändert hat, hat sich parallel dazu der Einsatz von Leckerlis massiv gewandelt. Früher habe ich Futter als Lob nur sehr sporadisch eingesetzt und sogar oft verteufelt: viel zu teuer, zu umständlich und obendrein unnötige Kalorien für meine Tönnchen-Pferde. Erst als die positive Verstärkung Einzug in meinen Trainingsalltag gehalten hat, habe ich Leckerlis bewusst und gezielt und in enorm gesteigerter Häufigkeit eingesetzt.
Die gesteigerte Frequenz hat sich allerdings mit den gekürzten Trainingseinheiten wieder kompensiert. Das heißt: die Einheiten sind nun deutlich kürzer, dafür deutlich intensiver und mit deutlich mehr Leckerlis. Das macht in Summe die gleiche Kalorienzahl wie beim “herkömmlichen” Training, nur dass dort die Motivation seitens Fellnasen gefehlt hat 😉
Da sich mit dem geänderten Einsatz auch meine Anforderungen an geeignete Leckerlis geändert haben, möchte ich hier eine zweiteilige Blog-Serie starten. Darin möchte ich dir die Vor- und Nachteile von unterschiedlichen Leckerli-Arten erklären und damit eventuell den einen oder anderen Gedankenanstoß geben.
Kriterien an gute Leckerlis
Bevor es im zweiten Artikel der Serie an die einzelnen Sorten geht, möchte ich euch in diesem Teil meine persönlichen Kriterien zur Beurteilung beschreiben – das heißt aber nicht, dass dies der einzig wahre Maßstab ist! Denn wie auch bei allen anderen Aspekten rund ums Pferd gilt: sowohl ihr als auch eure Pferde seid einzigartig und so können für euch möglicherweise andere Attribute ausschlaggebend sein, ob eine Leckerli-Art für euch tauglich ist oder nicht.

Gesundheit und analytische Bestandteile
Einer der wichtigsten Aspekte ist für mich die Frage, wie “gesund” ein Leckerli ist. Ich verfüttere viele Leckerlis und dementsprechend wichtig ist es, dass ich damit nicht den Organismus meines Pferdes schädige. Unter dem Schlagwort “Gesundheit” beurteile ich folgende Komponenten:
Inhaltsstoffe
Aus welchen analytischen Bestandteilen setzt sich das jeweilige Futtermittel zusammen und welche Bedeutung hat dies für das individuelle Pferd?
- Kaloriengehalt:
Da unsere eigenen Pferde allesamt leichtfuttrig sind, ist es mir wichtig dass sie möglichst wenig “unnötige” Kalorien erhalten – das Training soll schließlich zu einer Verbesserung der körperlichen Konstitution führen und nicht zu einer Verschlechterung 😉
Diesen Aspekt finde ich jedoch absolut vernachlässigbar, wenn es sich um ein ohnehin mageres Pferd handelt, im Gegenteil: hier achte ich eher darauf, dass er hochkalorige Leckerlis erhält. - Vitamine und Spurenelemente:
Da wir bei unseren Pferden bereits mit dem Grundfutter auf ein ausgewogenes Nährstoffverhältnis achten, findet dieser Betrachtungspunkt in meiner Beurteilung eher weniger Beachtung (vorausgesetzt, es handelt sich um ein gesundes Pferd!). Das heißt nicht, dass ich Vitamine und Mineralstoffe komplett außer Acht lasse, aber ich handhabe es eher so: ich freue mich wenn ein Leckerli besonders viele gute Inhaltsstoffe hat, aber deshalb füttere ich trotzdem nicht extra viel davon. - Zucker:
Es liegt auf der Hand, dass Futter-Lob möglichst wenig Zucker beinhalten sollten; jedoch ist es oftmals gerade Obst, welches einen sehr hohen Zuckergehalt aufweist. Deshalb muss aus meiner Sicht hier immer abgewogen werden, wie häufig die jeweilige Leckerli-Art gegeben wird und für welche positiven Eigenschaften möglicherweise ein hohen Zuckeranteil in Kauf genommen werden kann.
Verdaulichkeit
Dieses Kriterium findet meiner Meinung nach in der herkömmlichen Leckerli-Industrie viel zu wenig Beachtung; gerade wenn man aber viel Futter-Lob in kurzer Zeit verabreicht, dann ist es wichtig dass der äußerst kleine Pferdemagen auch damit umgehen kann.
Sensorische Eigenschaften
Hinsichtlich Sensorik ist vielen Menschen insbesondere die Optik wichtig (deshalb gibt es unter den industriellen Leckerlis ja so viele bunte und lustig geformte Sorten!); aus Pferdesicht ist diese jedoch völlig irrelevant. Für mich sind daher lediglich folgende Eigenschaften relevant:
Geruch bzw. Geschmack = Akzeptanz:
Wenn man unsere Pferde fragt, ist dies sicherlich das wichtigste Attribut im gesamten Beurteilungskatalog 😉
Aus menschlicher Sicht ist hingegen weniger wichtig, wie “gut” ein Leckerbissen unserem vierbeinigen Partner schmeckt, sondern ob es das Futter-Lob überhaupt als solches ansieht. Dies gilt insbesondere für neuartige Sorten, von denen man noch nicht weiß ob sie dem eigenen Pferd schmecken: solche Futterbissen sollten zunächst außerhalb des Trainingskontexts “getestet” werden, um sicherzustellen dass sie dem Pferd auch wirklich schmecken.
Nichts ist schlimmer, als einem Tier nach einer tollen Leistung ein Leckerli anzubieten, welches es angeekelt wieder ausspuckt! OK, ein Fall ist möglicherweise schlimmer: nämlich bei einer tollen Leistung gar kein Leckerchen parat zu haben 😉
Hierzu sei auch gesagt: Pferde können (genauso wie wir Menschen auch) im Laufe ihres Lebens ihre Präferenzen ändern, auch abhängig von ihrem üblichen Nährstoffangebot. Beispielsweise mögen die wenigsten Pferde von Natur aus Bananen; evolutionsgeschichtlich betrachtet stellten Bananen nie einen natürlichen Bestandteil ihrer Nahrung dar, die initiale Abneigung ist also allzu gut verständlich. Aber die meisten Pferde finden Bananen nach ein paar Versuchen ganz unwiderstehlich!
Als zusätzlichen Aspekt möchte ich auch noch erwähnen, dass man bei hoher Leckerli-Rate (d.h. vielen Leckerchen in kurzer Trainingszeit) sehr genau Acht geben sollte auf die Wertigkeit des Futter-Lobs: je höherwertiger ein Leckerbissen (also je toller das Pferd das jeweilige Futtermittel findet), desto höher ist die Bestätigung für die jeweilige Aktion. Das heißt, wenn ich auch für “kleinere” Dinge ständig nur hochwertige Leckerlis verfüttere, so hat das Pferd wenig Anreiz sich “mehr” zu bemühen oder alternative Wege auszuprobieren. Wenn ich hingegen für alltägliche oder bereits gut funktionierende Aufgaben niederwertige Leckerlis einsetze, so hat das Pferd einen höheren Anreiz um mehr Energie zu investieren und schließlich den Futter-“Jackpot” zu knacken. Das Pferd hat so außerdem die Wahl: wie sehr interessiert es mich heute, dass ich mich involviere?

Weiters ist die Gefahr bei höherwertigen Leckerli-Arten groß, dass das Pferd zum Monster mutiert und alles daran setzt (und dabei gegebenenfalls ziemlich rüpelhaft wird), um an den geliebten Leckerbissen zu kommen. Arbeitet man hingegen mit niederwertigeren Leckereien, so bekommt das Pferd trotzdem die Bestätigung “das hast du super gemacht”, aber es wird sich deutlich mehr auf die Aufgabe konzentrieren als nur auf die Futterquelle.
Das Verhalten mit ausschließlich höherwertigen Leckerlis gleicht oftmals dem Verhalten von hungrigen Pferden; es entstehen dadurch innere Zwänge (“Ich muss dieses Leckerli haben!! JETZT!”), welche eine entspannte und fröhliche Zusammenarbeit verhindern.
Haptik bzw. Konsistenz
Dieses Kriterium ist für mich als Trainer einer der wichtigsten, denn die Haptik (also “wie fühlt sich ein Futtermittel an”) ist der bedeutendste Faktor dafür, wie effizient ich mit der jeweiligen Leckerli-Art umgehen kann.
Die Konsistenz eines Futtermittels kann aus menschlicher Sicht in vielerlei Ausprägungen suboptimal sein; dabei geht es primär darum, wie gut ich Leckerchen einstecken und wie schnell ich sie “zücken” kann, also wie praktisch sie für mich als Trainer sind. Weiche, klebrige und zerbröselnde Leckerlis sind zum Einstecken in Taschen gänzlich ungeeignet; halte ich das Futter nur kurz in der Hand, so sieht die Sache natürlich wieder anders aus.
Ebenso sind besonders sperrige Leckereien oft hinderlich, wenn man sie nicht rasch aus dem Beutel oder der (Hosen-)Tasche holen kann.
Je mehr das jeweilige Pferd Futter-Lob bereits gewohnt ist, desto vernachlässigbar ist dieser Faktor allerdings. Geübte Pferde haben bereits gelernt, dass sie gelassen auf ihre Belohnung warten können, weil sie bereits sicher wissen dass sie das Leckerli auf jeden Fall bekommen. So lange ein Pferd sich dessen aber noch nicht sicher ist (z.B. weil es früher nur selten Futter-Lob bekommen hat), desto ungeduldiger ist es. Dieses Verhalten darf man ihnen dann auch nicht verübeln sondern sollte ihnen rasch beweisen, dass sie ihre (wohlverdiente) Belohnung sofort bekommen.

Die Konsistenz ist auch dahingehend wichtig, ob ein Leckerli gekaut werden muss und wie lange ein Pferd damit im Maul beschäftigt ist. Sehr harte Leckereien müssen gut gekaut werden und sollten nicht einfach “verschlungen” werden. Für Pferde mit wenig Leckerli-Erfahrung sind sie daher weniger geeignet.
Besonders klebrige oder ungewohnte Futtermittel führen hingegen oft dazu, dass das Pferd sich erst eingehender mit dem soeben aufgenommenen Futter in seinem Maul beschäftigt und es dadurch zu einer längeren Pause kommt. Das kann möglicherweise (aus menschlicher Sicht) unerwünscht sein, kann aber auf der anderen Seite auch dazu genützt werden um hektische oder übereifrige Pferde ganz nebenbei zu kalmieren.
Größe
Wie groß ein Leckerbissen ist, beeinflusst entscheidend die Praktikabilität. Einerseits hinsichtlich Handhabung (d.h. wie gut kann ich das Futter verstauen und wie schnell kann ich es hervorholen – siehe auch vorheriger Absatz), aber andererseits auch hinsichtlich Aufnahme durch das Pferd.
- Für Pferde mit kleinen Mäulern und dünnen Zungen (wie beispielsweise mein isländischer Fürst und meine Berber-Prinzessin) eignen sich sogar sehr kleine Futtermittel bestens als Leckerlis. Hierbei gebe ich dann nicht nur eine Einheit des Futters (also z.B. nicht ein einzelnes Haferkorn), sondern ein paar davon, die sie dann meist eher von der Hand schlecken.
- Für Pferde mit sehr großen Mäulern bzw. sehr dicken Zungen (z.B. unsere Noriker-Frohnatur) sind feinteilige Leckerlis jedoch zumeist äußerst ungeeignet. Dabei gehen sie mit ihren riesigen Maulpartien oft äußerst feinfühlig vor und es liegt mehr an der – vergleichsweise dazu – sehr kleinen Handfläche, dass dann oft mehr Futter am Boden als im Maul landet. Dies führt wiederum (verständlicherweise) oft zu Frustration seitens des Pferdes und das sollte unbedingt vermieden werden. Anstatt belohnt fühlt sich das Pferd dann oft eher “veräppelt” und wird daher frustriert. Für solche Pferde sind daher oft größere Leckerli-Arten von großem Vorteil.

- Für Pferde ohne Schneidezähne (z.B. weil diese aufgrund von EOTRH = “Equine Odontoclasic Tooth Resorption and Hypercementosis” extrahiert werden mussten) ist es ebenso von besonders großer Wichtigkeit, dass Leckerlis gut “greifbar” sind, da sie diese lediglich mit ihren Lippen (und Unterstützung der Zunge) greifen können. Zudem ist es für solche Pferde sehr wichtig, dass sie die Futtermittel nicht zu stark kauen müssen; es eigenen sich daher insbesondere solche Leckerli-Arten besonders gut, die sie im Maul einfach “zerdrücken” können.
Menge/Anzahl
Ein weiterer Aspekt der unterschiedlichen Größen ist die “verstaubare” Menge; je größer ein Futtermittel ist, desto weniger kann ich davon bei mir tragen. Falls der Leckerbissen sehr groß aber dafür gut teilbar ist (z.B. durch Brechen oder Abbeißen), so kann dieser Nachteil jedoch gut ausgeglichen werden.
Verfügbarkeit bzw. Herstellung
Ein sehr menschliches Kriterium ist die Frage: wie einfach komme ich an die jeweilige Leckerli-Art? Was nützt mir das perfekte Futter-Lob, wenn ich es nur alle paar Monate beschaffen kann?
Es ist daher wichtig, sich darüber Gedanken zu machen; z.B. sind vor allem saisonale Leckerbissen aus der Natur nur in gewissen Vegetationsperioden verfügbar. Hier macht es absolut Sinn, in diesen Zeiten auf diese raren Ressourcen zuzugreifen, um eine Ausgewogenheit in der Nährstoffversorgung (Depot-Wirkung) sowie Abwechslung im Geschmacksspektrum zu erreichen.
Hinsichtlich Herstellung stellt sich zumeist eher die Frage: wie aufwendig ist diese? Bzw. wie viel Zeit kann ich in die Vorbereitung investieren? Mit drei zu bespaßenden Pferden stelle ich mich nur selten vorab hin und bereite Leckerlis sorgfältig zu. Ich kenne aber viele Pferdemenschen die das gut und gerne machen und ich finde das dann immer wieder sehr bewundernswert.
Haltbarkeit und Aufbewahrung
Wie weiter oben bereits beschrieben, ist mir der Gesundheitsaspekte bei Futter-Lob sehr wichtig. Das impliziert natürlich auch, dass Leckerlis nicht verdorben sein dürfen! Pferde sind keine Müllschlucker, auch wenn gesunde Pferdemägen manchmal erstaunlich viel verkraften.
Dies hängt natürlich essentiell damit zusammen, wie verderblich die jeweilige Leckerli-Art ist und wie aufwendig die Lagerung dazu. Frisches Obst und Gemüse ist natürlich weniger lange haltbar als trockene Futter-Formen. Es bewährt sich daher immer, zumindest eine “Notfall-Ration” an lange haltbaren Leckerchen parat zu haben; nicht nur z.B. für ungeplante Tierarzt-Einsätze, sondern auch um einen Motivationsschub nicht unabsichtlich auszubremsen. Denn es gibt kaum etwas Demotivierenderes, als wenn das Pferd etwas super Tolles anbietet und man die Aktion nicht mit entsprechendem Futterlob honorieren kann! Einer meiner Grundsätze lautet daher: niemals ohne genügend Leckerlis trainieren 🙂
Zur adäquaten Aufbewahrung ist auch noch zu sagen, dass die Materialien der Behältnisse bedacht werden sollten:
- Kunststoff:
Kunststoffbehälter sind sehr praktisch, können aber gesundheitsschädliche Weichmacher enthalten. Wenn man daher auf Kunststoff nicht verzichten kann, so sollte man wenigstens darauf achten dass diese Gefäße keiner übermäßigen Wärmebelastung ausgesetzt sind, wo die Gefahr der “Ausdämpfung” deutlich größer ist. - Metall:
Aufbewahrungen aus Metall sind für trockene Futtermittel grundsätzlich gut geeignet. Allerdings dürfen sie nicht luftdicht verschlossen werden, da die enthaltene Restfeuchtigkeit ansonsten die Schimmelbildung fördert. - Holz/Pflanzenfasern:
Behälter aus natürlichen Pflanzenmaterialien sind für die meisten Leckerbissen perfekt geeignet. Egal ob Holzkisten, Papiertüten, geflochtene Körbe oder Baumwoll-/Leinensäcke; sie alle bieten eine ideale Belüftung und sorgen so für eine hohe Haltbarkeit des Inhalts. Einziger Nachteil: das enthaltene Futter ist nicht vor Nagern sicher. Solche Gefäße dürfen daher nur in Räumlichkeiten eingesetzt werden, wo sich mit Sicherheit keine Nagetiere Zutritt verschaffen können.

Kosten
Zu guter Letzt spielt natürlich auch das liebe Geld eine Rolle. Gerade wenn man mehrere Pferde hat, lohnt sich hier eine Gegenüberstellung, denn die Schwankungsbreite ist sehr groß. Insbesondere bei industriell gefertigten Leckerlis muss gute Qualität oft teuer bezahlt werden. Aber die gute Nachricht ist: es gibt billige Alternativen, die trotzdem hochwertig und praktisch einzusetzen sind! Welche das genau sind, erfährst du im zweiten Teil dieser Serie, in dem ich dir die unterschiedlichen Leckerli-Arten genauer vorstelle.
Fazit
Es mag vielleicht übertrieben scheinen, welche Faktoren hinsichtlich Leckerlis zu berücksichtigen sind bzw. zu tragen kommen. Dazu kann ich nur sagen: wie eingangs erwähnt, sind manche Überlegungen vielleicht für einige von euch wichtiger als für andere. Es lohnt sich aber jedenfalls, Futter-Lob unter diesen Aspekten zu betrachten und ev. auch etwas Neues auszuprobiere (oder damit auch das ein oder andere Problemchen zu lösen!).