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Der Nachteil von motivierten Pferden

Ich gebe es zu: manchmal ertrage ich die Erwartungshaltung meiner Pferde nicht. Das ist der ganz große Nachteil an motivierten Pferden (oder wahrscheinlich auch allen anderen motivierten Tieren); wenn das Feuer mal gelegt ist, dann brennt es. Und es ist gar nicht so einfach, dem dann gerecht zu werden.

Heute war einer jener Tage: da der Wetterbericht für heute vielversprechend aussah (kühl, ein wenig Sonne und endlich kein Regen mehr), hatte ich mir bereits gestern einen Pony-Plan zurecht gelegt: vormittags Spaziergang mit Nelly, nachmittags Ausreiten mit Ísungur und dazwischen vielleicht ein paar Spaß-Minuten mit Lanzelot. Ein perfekter Sonntag also.

Nur, dass ich nach dem Frühstück einfach so gar keine Motivation verspürte. Weder wollte ich das warme Haus verlassen, noch meinen Hintern durch die Gegend bewegen. Ich hätte mich gerne ein bisschen in den Hof gesetzt und den Ponies zugesehen. Aber ich wusste genau: dann sehen sie mich an. Und zwar mit ihrem strahlendsten “Oooooh, toll dass du da bist, endlich geht der Spaß los!”-Blick. Und zwar alle 3. Und dann würden sie der Reihe nach am Zaun anfangen ihre tollsten Crunches zu präsentieren. Ísungur würde daraufhin die anderen beiden erst mal auf gebührenden Abstand bringen, um ja sicherzustellen dass er der erste wäre, den ich bespaßen würde.

Und ich wusste: das ertrage ich nicht. Die enttäuschten Blicke, wenn sie mich nach der anfänglichen Euphorie verwirrt ansehen, weil sie nicht verstehen warum ich jetzt nicht zu ihnen komme und ein bisschen Spaß mitbringe.

Augen zu und durch?

Man könnte jetzt natürlich meinen, dass mich nur mein innerer Schweinehund abhält und ich mich einfach überwinden müsste. Früher hätte ich das auch getan und wäre trotz meiner “Unlust” zu den Pferden gegangen. Aber mittlerweile weiß ich es besser. Mittlerweile habe ich gelernt, dass ich meinen Tieren nichts vormachen kann: wenn ich mich nicht in der Verfassung fühle, um ihre Motivation aufzufangen und adäquat zu verstärken bzw. zu lenken, dann brauche ich ihnen auch nichts vorzumachen. Denn dann kann es leicht passieren, dass ich nur halbherzig bei der Sache bin und das wiederum führt zu einer unfairen Haltung gegenüber meinen Ponies. Sie merken ganz einfach, wenn meine Emotionen nicht echt sind und ich mich nur halb konzentriere. Und können einfach nicht verstehen warum nicht der gleiche Spaß am Programm steht wie sonst.

So sehen motivierte Pferde aus! Der Nachteil: man kann sie kaum noch bremsen.

Normalerweise versuchen die Pferde dann noch angestrengter ihr Bestes zu geben. Doch wenn ich sie lobe, fällt mir auf dass es ein mechanisches, künstliches Lob anstatt echter Freude ist. Und auch dass entgeht den sensiblen Nasen nicht und ich spüre förmlich ihre Enttäuschung, weil sie sich doch ihrerseits sehr angestrengt haben. Dann ärgere ich mich über mich selbst, weil ich es nicht schaffe ihrer Erwartungshaltung zu entsprechen und mich ihnen gegenüber ungebührlich verhalten habe. Und das verstehen die Pferde dann natürlich erst recht nicht: warum ärgert sich Frauchen jetzt denn nun?
Entsprechend ihrem Charakter reagieren sie dann darauf: Ísungur zieht sich in seine eigene Welt zurück und verhält sich, Nelly geht beleidigt weg und Lanzelot wird unsicher. Alles in allem: ein Teufelskreis, an dessen Ende weder die Ponies noch ich glücklich sind.

Und daher habe ich mittlerweile gelernt: wenn ich “einen dieser Tage” habe, an denen ich mich nicht im Stande fühle der Erwartungshaltung meiner Pferdchen zu entsprechen, dann lasse ich es lieber. Denn schlimmstenfalls verbringen sie dann vielleicht einen langweiligen Tag, aber zumindest hat unsere Beziehung keinen Schaden erlitten.

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