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Futterlob: so vermeidest du Leckerli-Monster

Dein Pferd schnappt nach deinen Händen oder den Leckerlis? Oder es wird ganz einfach gestresst und unkonzentriert, sobald Futterlob im Spiel ist? Hier kommt Abhilfe!

Damit du erfolgreich mit positiver Verstärkung arbeiten kannst (z.B. beim Clickern und Intrinzen), ist es wichtig dass dein Pferd (und du!) entspannt mit Leckerlis umgehen kann(st).

Falls das daher noch nicht der Fall ist, gebe ich dir hier eine Checkliste zur Überprüfung. Gehe die Punkte der Reihe nach durch und überprüfe, was möglicherweise im Argen liegt!

1. Hat dein Pferd Hunger?

Regel Nummer 1 im Training (nicht nur mit Pferden, sondern auch mit anderen Tieren und Menschen): niemals hungrig trainieren! Denn das wäre nicht nur unphysiologisch (sowohl für Gehirn als auch Körper), sondern auch unethisch. Das ist so, als ob man zu einem hungrigen Kind sagt: für jede richtige Mathe-Aufgabe bekommst du einen Bissen Essen. Na, hört sich das nach einer guten Erziehungsmethode an? Wird das die Beziehung zwischen Kind und Erwachsenen stärken oder schwächen? Wird das Liebe zu Mathe erzeugen oder eher Hass darauf?

Daher: stelle sicher dass dein Pferdchen nicht hungrig ist, wenn du etwas mit ihm tun möchtest. Und ganz besonders, wenn du dabei Futter-Lob einsetzt.

Damit du diesen Punkt ganz sicher ausschließen kannst, ist es oftmals sinnvoll deinem Pferd während des Trainings eine Futterquelle (z.B. Gras oder Heu) zur Verfügung zu stellen. Damit kann dein Pferd wählen, ob es nun seinen Hunger stillen oder mit dir arbeiten möchte.

2. Hast du die richtigen Leckerlis?

Diese Frage hört sich banal an, ist aber super wichtig. Denn: je höherwertig deine Leckerlis (also je besser sie deinem Pferdchen schmecken), desto mehr wird es „darauf abfahren“ und daher gieriger werden. Das kannst du bewusst einsetzen wenn du ein eher unmotiviertes Pferd hast oder die Übung besonders schwierig ist. Aber wenn dein Pony bereits gut bei der Sache ist und du laufend Futter-Lob verteilst, solltest du eher weniger tolle Mittel verfüttern. Natürlich muss es aber noch gut genug sein damit sich dein Pferd auch noch darüber freut 😉

Gut geeignet sind daher oftmals pelletierte Heu- oder Wiesencobs, gepaart mit ein paar „Jackpot-Leckerchen“. Noch mehr Infos zur Wahl des richtigen Pferdeleckerli findest du in meinem Guide – ich bin sicher da findest du noch die eine oder andere Idee!

3. Hast du die richtige Menge an Futter?

Gerade wenn man kleinteilige Leckerlis einsetzt (z.B. Heu-Pellets oder Hafer) ist es für manche Pferde schwer diese aus der Hand zu fressen. Wenn ein Pferd ein Leckerli erwartet, dieses dann aber nicht erhält (weil die Hälfte davon auf den Boden fällt oder es quasi nur Krümel sind), dann kann das ganz leicht zu Frust führen.

Frust wiederum kann das Pferd zu „unhöflichem“ Verhalten verleiten, z.B. indem es der Hand nachschnappt, weil es das Gefühl hat keine Belohnung erhalten zu haben. Das ist dann aber keinesfalls die Schuld des Pferdes! Denn es kann schließlich nichts dafür, dass sein Maul nunmal so ist.

Stattdessen solltest du die Leckerligröße und -menge an dein Pferd anpassen: wenn du nur zwei einzelne Sonnenblumenkerne fütterst, wird die Belohnung für dein Pferd ziemlich unbefriedigend sein. Nimm‘ stattdessen entweder größere Leckerlis oder verwende einfach mehr davon.
Mein Tipp: sieh dich z.B. mal im Online-Shop* der Krauterie um, dort gibt es eine große Auswahl an gesunden Belohnungen für jede „Maul-Größe“, u.a. Clicker-Leckerlis, die ausschließlich aus Wildkräutern bestehen 🙂

4. Ist das Trainingsumfeld passend?

Mit dem Trainingsumfeld meine ich die physische und psychische Umgebung. Dabei solltest du insbesondere folgende Punkte beachten:

  1. Stelle sicher, dass das Training in stressfreiem und nicht vorbelastetem Raum stattfindet. Ungeeignet ist z.B. mitten in der Herde, wenn alle Pferde versuchen dir den Leckerli-Beutel aus der Hand zu reißen. Oder ein Bereich mit Traumata, z.B. ein Roundpen in dem das Pferd geschlagen wurde. Solche Orte können zu erhöhtem Stress und damit schlechten Futtermanieren führen. Das heißt nicht, dass man daran nicht arbeiten soll, aber solche Örtlichkeiten muss man behutsam angehen.
  2. Wenn du mit deinem Pferd gerade erst begonnen hast das Futterlob einzuführen und dein Pferd daher noch nicht weiß dass es zukünftig ständig Leckerlis bekommen wird, dann kann die anfängliche Aufregung sehr groß sein. Hier hilft es sehr oft, wenn du zunächst mit einer räumlichen Trennung („Protected Contact“) arbeitest. Das heißt, du bist mit den Leckerlis hinter einer sicheren Absperrung (z.B. hinter dem Zaun oder auf der anderen Seite der Bande). Protected Contact hilft auch noch in vielen anderen Situationen, daher kann ich dir das Üben damit nur wärmstens ans Herz legen.

5. Ist die Aufgabe angemessen?

Überprüfe deine Anforderung an dein Pferd. Hast du vielleicht zu viel verlangt? Hat dein Pferdchen überhaupt die Aufgabe verstanden? Damit meine ich nicht, dass du deinem Pferd nur „Baby-Aufgaben“ stellen sollst, denn du möchtest ja die Weiterentwicklung deines Pferdes fördern. Aber du musst dir sicher sein, dass dein Huffreund der Herausforderung auch gewachsen ist.

Dabei ist weniger wichtig ob das Pferd eine Aufgabe körperlich tatsächlich erfüllen kann; viel wichtiger ist es, ob es sich überfordert fühlt. Denn dabei kann es leicht passieren, dass das Pferd gefühlt bereits an seinen Grenzen angestoßen ist und es daher als unfair empfindet, dass es nun trotzdem noch keine Belohnung bekommt.

Gerade am Anfang ist es daher sinnvoll, wenn du deine Anforderungen möglichst einfach machst. Vermittle deinem Pferd das Gefühl, dass es total easy ist an das Futterlob zu kommen.

Leckerli füttern, Pferd schleckt Hand ab

6. Hast du das richtige Timing?

Das richtige Timing ist ein wesentlicher Punkt bei der positiven Verstärkung. Dabei sind gleich mehrere Aspekte relevant:

  1. Häufigkeit der Belohnung: je öfter du Leckerlis „spendierst“, desto weniger spektakulär werden sie 🙂 bzw. im Umkehrschluss: je seltener du Leckerlis einsetzt, desto mehr werden sie besonders. Das heißt: wenn dein Pferd noch nicht entspannt mit Futterlob umgehen kann, belohne es häufiger, damit das Leckerli zur normalsten Sache auf Erden wird.
  2. Zeitpunkt der Belohnung: achte darauf, dass du dein Pferd belohnst wenn es gerade in positiver Stimmung ist und nicht dann, wenn es aktuell in aggressive Emotionen kippt. Denn: du bekommst mehr von dem was du belohnst! Wenn dein Pony bereits aggressiv ist, versuche die Situation aufzulösen (z.B. indem du dich umdrehst oder einen Protected Contact herstellst) und erst danach weiter zu machen.
  3. Abstand zwischen Lob und Leckerli-Gabe: achte darauf, ob ev. die Dauer zwischen deinem Stimmlob/Click und dem Überreichen des Pferdeleckerlis zu groß sind. Gerade am Anfang ist es wichtig hier schnell zu sein. Wenn dein Pferd bereits mehr Übung hat und sicher weiß dass es das Futterlob gleich bekommt, dann ist es auch nicht so schlimm wenn du etwas länger brauchst um das Futterlob zu übergeben.

7. Bist du entspannt?

Auch wenn dieser Punkt ganz am Ende der Checkliste steht, ist er vielleicht einer der wichtigsten: deine eigene Einstellung! Ich kann dir gar nicht sagen, wie faszinierend es immer wieder ist wie Tiere unsere eigenen Emotionen spiegeln. Wenn du daher selber verkrampft oder entnervt bist, wird dein Pferd das auch sein. Wenn du dir unsicher bist ob du nun ein Leckerli geben sollst oder nicht, dann wird dein Pferd ebenso unsicher sein ob es nun ein Leckerli bekommt oder nicht! Und das wiederum führt häufig dazu, dass Pferde dann z.B. zu Schnappen beginnen.

Daher ist es ganz wichtig: bleib‘ cool! Auch wenn du dir vielleicht mal nicht ganz sicher bist oder du einen schlechten Tag hast: schüttel deine Anspannungen ab, lächle viel und freue dich über die kleinen Momente. Atme tief durch und lass‘ dich nicht aus der Ruhe bringen – weder von komisch drein schauenden Stallkollegen noch von deinem Pferd noch von deinen eigenen Erwartungen.

Die Glücksformel ist eigentlich ganz einfach:
lachen 😃 – Leckerli geben 🍪 – weitermachen 💪!

Fazit

Ohne Futterlob ist Pferdetraining mit positiver Verstärkung fast nicht möglich. Wenn du aber ein Futtermonster hast, ist das oftmals gar nicht so einfach. Falls dein Pferdchen daher in diese Kategorie fällt und mal nach deiner Hand mit den Leckerlis schnappt, solltest du dich jedoch nicht ärgern. Du solltest dir vielmehr überlegen, was der Grund für dieses Verhalten sein könnte. Denn irgendeine Ursache hat jedes Verhalten, egal ob erwünscht oder unerwünscht.

Ich hoffe, diese Checkliste hilft dir bei der Spurensuche! Damit auch du ganz entspannt mit Futterlob arbeiten kannst probier‘ es aus, es ist eigentlich gar nicht schwer 🤓

6 comments

  1. Marie says:

    Hallo,
    der Artikel ist wirklich gut geschrieben. die Protected Area werde ich auch Mal probieren. Allerdings kann ich es mir nicht so ganz vorstellen. In dem Moment, wenn ich das Pferd von der anderen Zaunseite ein Leckerli geben will, kann es ja trotzdem schnappen. Die Hand zurückzuziehen wäre ja aber auch kontraproduktiv.
    Mein RB Pony schnappt gerne Mal, dennoch würde ich liebend gern weiter klickern. Niederwertige Leckerli nutze ich bereits und Futter hat er auch genug (derzeit leider auch sehr fettes Gras). Dennoch schnappt er. Ich habe mich vor ihn gestellt und warte meist, bis er den Kopf wegdreht. Sobald ich aber die Hand mit dem Leckerli ausstrecke, kommt er meist schnell mit aufgerissenem Maul zur Hand und nimmt es eben nicht sehr freundlich. Ich habe auch schon die Faust mit Leckerli still gehalten und gewartet, bis er sie wieder ausgespuckt hat. Böse gebissen hat er nicht, aber die Hand war eben im Maul. Mir gehen wirklich die Ideen aus, wie ich ihm noch Höflichkeit beibringen kann 🙁

    • Nathalie Kurz says:

      Hallo Marie! Wenn du schon so viele allgemeine Tipps umgesetzt hast, dann wäre es definitiv sinnvoll personalisierte Hilfe in Anspruch zu nehmen. Also jemanden, der sich das Verhalten vor Ort ansieht oder in einem Video-Coaching analysieren kann. Denn die Ursachen dafür können vielseitig sein und an diesen sollte man ansetzen, um das Problem effektiv zu lösen.
      Was du jedenfalls noch machen kannst: gar nicht aus der Hand füttern, sondern die Leckerlis auf den Boden oder in eine Schüssel werfen. Ggf. auch mal nur mit normalem Heu belohnen, wo du nicht mit „kleinteiligem“ Futter hantieren musst. Aber wie gesagt, ich denke in eurem Fall wäre eine persönliche Unterstützung hilfreicher.
      Alles Liebe, Nathalie

  2. Anne says:

    Hallo, wir haben ein neues Pferd mit dem ich gerne mit Futterlob/ clickern und weiter Intrinzen arbeiten würde. ( er ist kaum ausgebildet). Allerdings waren die Vorbesitzer etwas inconsequent mit Futterlob. Jetzt ist er eher fordernd und ich weiß nicht genau wie ich die positive Verstörkung mit Futterlob/ clickern starten soll , ohne daß er dauernd Futter fordert
    Noch eine andere Frage: gibt es empfehlenswerte Buchliteratur zum Clickern und / oder Intrinzen ?? Bin nicht so ein Internetnensch. Danke
    Gruß Anne

    • Nathalie Kurz says:

      Hallo Anne! Die erste Frage ausreichend zu beantworten, würde den Rahmen dieses Kommentars sprengen und sollte sinnvollerweise direkt vor Ort begutachtet werden, oder zumindest mittels Video analysiert werden. Im Zweifelsfall würde ich mit Futterlob im geschützten Kontakt („protected contact“) beginnen. Wichtig ist Konsequenz (wofür gibt es immer Leckerlis und wofür nie) und ein klares Setting (wann ist Clicker-Training angesagt und wann macht ihr vielleicht etwas anderes). Auch die Art der Leckerlis ist wichtig (besonders niederwertig, d.h. beispielsweise nur gehäckseltes Heu oder Heu-Pellets verwenden).
      Literatur gibt es sehr viel, insbesondere auf Englisch. Aber auch auf Deutsch gibt es mittlerweile gute Bücher, besonders empfehlen kann ich dir Nina Steigerwald, Sylvia Czarnecki oder Übersetzungen von Karen Pryor. Ich empfehle allerdings trotzdem gerne Online- oder Live-Kurse, weil gerade beim Clickern Videos oder Live-Sessions sehr hilfreich sind.
      Liebe Grüße, Nathalie

  3. Laura says:

    Hallo, eine sehr interessante Checkliste.. dennoch hab ich das Gefühl, mein Pferd hat immer Hunger, und wenn ich ihm die Wahl lassen würde, würde er vermutlich immer lieber fressen als zu arbeiten.. zu dünn ist er aber auf alle Fälle nicht..

    • Nathalie Kurz says:

      Hallo Laura!

      Rund um das Thema „Futterlob“ und „Leckerlimonster“ gibt es sehr viele Faktoren. Hunger kann man vermeiden, indem das Pferd vorher ausreichend zu Fressen bekommt. Vielleicht ist es aber eigentlich gar nicht Hunger, sondern einfach das Bedürfnis/Gusto nach Leckerlis 🙂 das ist dann ein anderes Problem, das sich aber ebenfalls gut beheben lässt (z. B. weniger tolle Leckerlis, hoher Leckerli-Frequenz, klare Regeln wofür es (k)ein Leckerli gibt etc.).

      Bzgl. dem Thema „lieber Fressen statt Arbeiten“ kommt es ganz darauf an, wie man die Arbeit gestaltet – es darf sich nicht nach Arbeit anfühlen 😉 d.h.: wie viel Spaß macht es dem Pferd, wie anstrengend oder langweilig ist die Aufgabe und wie lohnenswert ist die Zusammenarbeit? Man kann hier als Mensch viele „Stellschrauben“ betätigen, um das Training für das Pferd so zu gestalten, dass es sich gerne dazu entschließt. Das erfordert Geduld und Kreativität von uns Menschen, zahlt sich aber eindeutig aus.
      Weiters gibt es auch das Phänomen „Contrafreeloading“; dieses bezeichnet das Verhalten, dass Lebewesen lieber für Futter arbeiten, anstatt nur frei verfügbares Futter zu erhalten. Das Phänomen hat natürlich seine Grenzen (z. B. wenn die Arbeit unproportional hoch ist oder Hunger im Spiel ist), aber es ist ein Teil der Erklärung warum belohnungsbasiertes Training funktioniert. Falls dich das interessiert, gibt es dazu auch einige Studien.

      Falls du dich näher zu diesem Thema bzw. deinem speziellen Fall austauschen möchtest, kannst du mich auch gerne per E-Mail kontaktieren.

      Alles Liebe,
      Nathalie

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