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So startest du erfolgreich mit Intrinzen (Teil 2)

So, endlich ist er fertig, der zweite Teil! Denn dieser Blog-Beitrag ist der Folge-Artikel zum Thema „Überlegungen, damit dein Start mit Intrinzen für dich persönlich erfolgreich ist“. Der individuelle Aspekt ist hier sehr wichtig, denn Intrinzen ist kein starres System, sondern Erfolg ist das, was du für dein Pferd daraus machst. Du bist dein eigener Trainer! Und wenn du es schaffst, dass sich dein Pferd in seiner eigenen Haut besser fühlt, dann ist das (d)ein Erfolg 🍾
Aber keine Sorge, du bist nicht alleine auf dieser Reise: gerade der Austausch mit anderen Intrinzeneers ist eine der besten Möglichkeiten, um mit Intrinzen erfolgreich zu sein. Wo du solche gleichgesinnten Pferdemenschen findest? Das und mehr erfährst du in diesem Artikel!

Im ersten Artikel dieser Intrinzen-Serie erfährst du hingegen:

  1. was Project Proprius ist
  2. welche Wissensquellen es sonst noch gibt und
  3. was es mit der Autonomie auf sich hat

Falls du den ersten Teil noch nicht gelesen hast, empfehle ich dir dort zu starten und dann hier weiter zu lesen. Dann ergeben manche Dinge in diesem Beitrag wahrscheinlich mehr Sinn – zum Beispiel, warum die Nummerierung hier mit „4“ beginnt 😉 und jetzt viel Spaß beim Lesen!

4. Beschäftige dich mit Futter-Lob

Intrinzen basiert auf positiver Verstärkung. Das heißt: gewünschtes Verhalten wird mit etwas Angenehmen belohnt, damit dieses Verhalten öfter gezeigt wird. Und dieses „etwas Angenehmes“ ist: Futter. Theoretisch könnte es auch etwas anderes Angenehmes sein, aber Futter ist ein sehr starker Verstärker und daher äußerst effektiv.

Falls du mit deinem Pferd bereits mit Futterlob im Sinne der positiven Verstärkung gearbeitet hast (z.B. in Form von Clicker-Training): prima! In diesem Fall kennst du dich wahrscheinlich bereits bestens aus, was beim Einsatz von Futter (Leckerlis) zu beachten ist und du kannst den Rest dieses Absatzes überspringen 😉

Falls du mit deinem Pferd aber bisher noch gar nicht (oder nur sporadisch, d.h. nicht nach einem bestimmten System) mit Leckerlis gearbeitet hast, dann solltest du zu allererst am Futterlob arbeiten. Idealerweise noch bevor du irgendetwas in Richtung Intrinzen machst. Denn Intrinzen baut darauf auf, dass du und dein Pferd bereits entspannt mit Leckerlis arbeiten könnt. Und ob du es glaubst oder nicht: beim Einsatz von Futterlob kann man seeeehr viel falsch machen. Im häufigsten Fall entsteht „nur“ Frust beim Pferd, im schlimmsten Fall aber Aggression und gefährliches Verhalten. Solches Verhalten darf man keinesfalls dem Pferd zu vorwerfen! Die Schuld an solchem Verhalten in Zusammenhang mit Futter liegt ausschließlich bei uns Menschen ☝

Und weil diese Problematik so häufig ist (und dabei aber eigentlich so einfach zu vermeiden wäre), habe ich zu diesem Thema einen eigenen Artikel geschrieben: wie du Leckerlis korrekt einsetzt und so Futtermonster vermeidest.

5. Sei achtsam beim Mixen von unterschiedlichen Methoden

Die meisten Leute, die an Intrinzen interessiert sind, sehen Intrinzen als Ergänzung oder Erweiterung zu ihrem bisherigen Pferdetraining. Und das ist auch völlig in Ordnung so 🙂 aber wenn du Intrinzen mit deinem bisherigen Training kombinieren möchtest, dann ist das nicht so einfach wie mit anderen Trainingsmethoden. Denn Intrinzen baut nun mal darauf auf, dass das Pferd Autonomie hat und dass du ihm nicht jede Bewegung vorgibst, sondern dass es diese selbst findet.

Exkurs: Intrinzen ist nicht „normales“ Clicker-Training

Das ist beispielsweise auch ein ganz großer Unterschied zu „konventionellem“ Clicker-Training: beim „normalen“ Clicker-Training wird die Aufgabenstellung für das jeweilige Tier (oder auch den Menschen 😉 ) in ganz ganz kleine Teilschritte zerlegt und jede Tendenz zu diesen kleinen „Zwischenzielen“ positiv verstärkt. Das nennt man „Micro Shaping„. Damit hat der Lernende sehr rasch eine sehr schnelle Vorstellung davon, was zum Erfolg führt. Die „Krux“ an der Sache ist jedoch: der Lernende wird angeleitet, das heißt er findet die Lösung nicht selbst. Das ist zwar per se nicht tragisch, aber auch nicht nachhaltig in einem größeren Kontext. Denn: der Lernende hat damit nur gelernt diese eine spezifische Aufgabenstellung zu lösen. Er hat damit aber nicht unbedingt eine allgemeine Fähigkeit erlernt, die er selbst auch auf andere Aufgabenstellungen umlegen kann 🤔

Das Micro Shaping ist insbesondere hinsichtlich Bewegung nachteilig, denn wir wollen ja, dass unser Pferd die Bewegungsmuster verinnerlicht und selbstständig in einer physiologischen Haltung läuft. Unser Pferd soll unabhängig von unseren Hilfen werden – es soll gewissermaßen den Sinn verstehen und sich dabei gut fühlen, so dass es diese Haltung eigenständig einnimmt und nicht nur dann, wenn wir Menschen es darum bitten.

Unterschiedliche Ansätze erfolgreich kombinieren

Damit du Intrinzen erfolgreich (= problemlos) mit anderen Trainingsmethoden kombinieren kannst, ist es wichtig den Kontext zu trennen. Denn gerade die Autonomie ist es, die sonst häufig Probleme macht: wenn du deinem Pferd die Freiheit gibst „Nein“ zu sagen, wird es ganz schnell ausprobieren wozu es nun überall „Nein“ sagen kann. Das ist ein ganz normaler Prozess und zeugt von der Intelligenz deines Pferdchens 🤓

Am besten kannst du diese Problematik vermeiden, indem du auch hier ganz klar den Kontext trennst. Das heißt, dass du Intrinzen nur in bestimmter Umgebung und mit bestimmtem Equipment durchführst, damit dein Pferd ganz klar unterscheiden kann, welche Art von Training nun ansteht. Denn nichts wäre unfairer, als wenn du deinem Pferd (unabsichtlich) suggerierst dass nun „Intrinzen-Zeit“ ist und es dann dafür bestrafst, wenn es sich danach verhält.

Umgekehrt wirst du auch bei Intrinzen nicht allzu große Fortschritte haben, wenn sich dein Pferd nicht sicher ist ob nun wirklich „Intrinzen-Zeit“ ist. Es wird daher eventuell skeptisch und verhalten bleiben und das ist das genaue Gegenteil von dem, wofür Intrinzen steht 🙃. Dein Pferd wird sich erst dann trauen neue Bewegungsmuster auszuprobieren und sich zu entfalten, wenn es sich sicher ist dass es das darf.

Daher wirst du sowohl mit Intrinzen als auch mit deinem sonstigen Training umso erfolgreicher sein, je besser du den jeweiligen Kontext trennst. Insbesondere am Anfang.

Konkrete Beispiele

  • 👍 Do’s:
    • Intrinzen an einem neuen Ort anfangen (oder an einem Ort, den du selten für dein „normales“ Training nutzt, z.B. Roundpen oder auch einfach den Stall/Paddock)
    • zeitlichen Abstand zwischen Intrinzen und anderem Training einbauen (z.B. dazwischen Putzen gehen)
    • während der „Intrinzen-Zeit“ kein bekanntes Equipment verwenden (keinen Kappzaum, keine Gerte etc.)
  • 👎 Don’ts:
    • während der „Intrinzen-Zeit“ Lektionen aus deinem normalen Training abfragen (z.B. Seitengänge vom Boden)
    • Intrinzen dort anfangen, wo du es später vielleicht nicht haben möchtest (z.B. am Putzplatz)
    • bekannte Gegenstände verwenden (z.B. Stick für Carrot Stretches)
    • eigene „Intrinzen-Ideen“ deines Pferdes im normalen Training belohnen (z.B. wenn du beim Reiten stehen bleibst und dir dein Pferd Crunches anbietet)

6. Tausche dich mit anderen Intrinzeneers aus

Dieser Tipp ist einer, der mir zugegebenermaßen schwer fällt 😉 denn: ich bin der absolute anti-social-Mensch 😅
Mich mit anderen Leuten auszutauschen, ist für mich anstrengend (das ist auch der Grund, warum ich so gerne Blog-Artikel schreibe: das kann ich ganz für mich alleine machen!). Das meine ich überhaupt nicht böse, sondern so bin ich einfach. Du fragst dich jetzt vielleicht: „warum erzählt sie mir das denn überhaupt“? Nun, der Grund ist einfach: denn sogar ich kann den enormen Vorteil vom Austausch mit anderen Intrinzeneers nicht leugnen 😁

Egal ob online oder im echten Leben: Erfahrungen und Ideen mit Gleichgesinnten austauschen, bringt einen enormen Nutzen. Im einfachsten Fall findest du andere Intrinzeneers im Internet, aber am effektivsten ist der persönliche Austausch mit anderen Leuten direkt vor Ort. Sowohl in Deutschland als auch Österreich haben sich mittlerweile einige Stammtische gebildet, an denen sich Intrinzen-begeisterte (oder auch einfach Interessierte) zusammenfinden und sich austauschen. Und ich kann dir aus eigener Erfahrung sagen: es ist so unglaublich motivierend! Auf einmal ist man nicht mehr alleine und gemeinsam fließt die Kreativität noch stärker 🌟

Wo du andere Intrinzeneers findest

Ich kenne mit Sicherheit nicht alle „Intrinzen-Gruppen“, aber wenn du…

Kennst du noch weitere „Anlaufstellen“ für Intrinzen-Leute, die hier nicht gelistet sind? Dann hinterlasse einfach einen Kommentar und ich werde sehr gerne die Liste erweitern 🤓

Happy Intrinzening!

So, ich hoffe diese Tipps helfen dir bei deinem Start mit Intrinzen, so dass der Einstieg für dich und dein Pferd eine positive Erfahrung ist. Denn genau darum geht es bei Intrinzen: positives Training, happy time, Spaß für dich und dein Pferd. Wenn du das Gefühl hast, dass du oder dein Pferd dabei keine Freude habt, dann ist es nicht Intrinzen 😉

Hast du bereits mit Intrinzen begonnen? Dann würde ich mich über einen kleinen Erfahrungsbericht von dir in Form eines Kommentars freuen – wie ist es dir und deinem Pferd ergangen, was ist euch leicht gefallen und wo hattet (oder habt) ihr Herausforderungen zu meistern? Was hat euch dabei am meisten geholfen?

5 comments

  1. Luisa says:

    Hallo,
    ich habe eine Frage: Es gibt Projekt Proprius ja jetzt nicht oder? Wie kann ich jetzt stattdessen anfangen mit Intrinzen?
    Herzliche Grüße

    • Nathalie Kurz says:

      Hallo Luisa! Ja, ich finde es sehr schade, aber Project Proprius scheint nicht mehr zu öffnen 🙁 am besten zum Einsteigen ist der Austausch mit anderen Leuten, idealerweise kannst du vielleicht mal zu jemandem hin fahren und dich inspirieren lassen. In Deutschland und Österreich gibt es mittlerweile einige Leute – du kannst mir gerne schreiben aus welcher Ecke du kommst und ich kann sehen ob ich da jemanden kenne 🙂
      Davon abgesehen gibt es eine recht aktive Community auf div. Social Media Plattformen, einerseits auf Facebook und andererseits auf Instagram. Auch dort wird dir weiter geholfen bzw. du kannst div. Gruppen durchstöbern wo es bereits einiges an Material gibt.
      Außerdem kannst du einen Kurs mit Steinar Sigurbjörnsson besuchen (Kursdaten gibt es hier: https://mindfulequine.com/) oder einen anderen Online-Kurs von Kathy Sierra buchen (findest du unter https://www.pantherflow.com/).
      Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen und ich freue mich von dir zu hören 🙂

  2. Carina says:

    Wir haben vor ca 3-4 Wochen mit den Crunches angefangen. Meine Stute macht gute Ansätze. Jedoch scheint noch nicht ihr Gewicht auf der Hinterhand und das Genick gehoben, statt des widerristes. Wie kann ich ihr die Idee dazu geben?

    • Nathalie Kurz says:

      Hallo Carina!
      Bist du bei Project Proprius dabei? Da werden die Hintergründe ausführlich erklärt und wie du die Umwelt am besten nutzen kannst, um die Crunches zu erarbeiten bzw. zu verbessern.
      Bei den Crunches geht es ja primär darum, den Brustkorb zu heben. Die allermeisten Pferde brauchen dafür aber ein paar Anläufe, bis sie das verstehen, denn die Übung ist nicht nur ungewohnt sondern auch anstrengend 🙂
      Sehr effektiv ist dabei z.B. ein Target am Widerrist und wichtig ist auch das richtige Timing (manchmal ist es besser ganz früh zu clicken, manchmal ist es hilfreicher abzuwarten). Außerdem hilft das Üben in unterschiedlichem Gelände (bergauf, bergab), auf instabilem Boden (z.B. Matte) und kombiniert mit Stretches und Losgehen.
      Das sind jetzt natürlich alles sehr allgemeine Tipps – um konkretere Ideen zu geben, müsste ich dich und deine Stute sehen (z.B. in einem Video). Jedes Pferd braucht dazu auch unterschiedlich lange, um die Idee zu entwickeln. Mit Geduld und Kreativität schafft ihr das aber bestimmt 🙂

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