Letztes Wochenende war ich auf der “Feira Nacional do Cavalo” (FNC), dem weltweit bekannten Pferdefestival in Golegã (Portugal). Und es war…faszinierend und erschreckend zugleich.
Pferdiger Nationalstolz
Faszinierend deshalb, weil die Stimmung unglaublich war. Eine ganze Nation, die den Stolz auf ihre prächtigen Pferde als Tugend innehat. Ein ganzer Ort, den Pferden gewidmet – Golegã nennt sich zu Recht die “Pferdehauptstadt Europas”. Egal wo hin man sah: Pferde. Überall: in jeder Gasse, in jedem noch so kleinen Hinterhof, ja selbst auf jedem Straßenschild. Und die Besucher wandeln mit einer absoluten Vertrautheit zwischen den schäumenden Hengsten auf der Straße, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt. Mit Regenschirmen, Kinderwägen und heißen Getränken.
Und auf Körperkontakt mitten drin im Gewusel: die Pferde. Atemberaubend prächtige Tiere, fast ausnahmslos Hengste. Am Hauptplatz gibt es eine Reitarena mit Tribünen, außen herum eine Abreitbahn auf der das eigentliche Spektakel zu sehen ist. Denn auf dieser Bahn reiten nicht nur die Teilnehmer der Shows und Bewerbe, sondern einfach jeder. Nicht nur der ganze Ort ist am Pferd unterwegs, sondern aus ganz Portugal finden sich Pferdemenschen und ihre Tiere hier ein, um zu präsentieren was man hat: unglaublich edle und stolze Pferde.
Neben Lusitanos tummelten sich – sehr zu unserem Erstaunen – auch einige andere Rassen auf dem Reitring und in den Straßen. Insbesondere vor den Kutschen fanden sich neben schweren Kalibern auch viele Ponies. Während Shetty & Co. in unseren Breitengraden hauptsächlich für Kinder eingesetzt werden, wurden die kleinen Pferde in Golegã mit der gleichen Ernsthaftigkeit behandelt wie ihre größeren Verwandten. Auch das war für uns ein absolutes Novum!
Obwohl die Besucher des Pferdefests größtenteils Einheimische sind, finden sich darunter auch bekannte Größen aus dem deutschen Reitsport: von Andrea Jänisch über Uta Gräf und Stefan Schneider waren viele bekannte Gesichter vor Ort, um die Veranstaltung inkl. Zucht- und Verkaufspferden zu besuchen.
Schauriges Spektakel
Doch trotz all der Faszination für die wunderschönen Tiere, dem guten Essen und den freundlichen Portugiesen, beschlich uns langsam aber sicher eine gewisse Beklemmung. Denn wenn man seine Pferde als Partner und Freunde ansieht – und nicht als bloßes Prestigeobjekt – so sieht man neben all der Prächtigkeit vor allem eines: Leid.
Einerseits wäre das das beinahe schon martialisch anmutende Equipment: blanke Kandare mit eng verschnürtem Nasenriemen sowie Sporen waren dabei noch das geringste Übel und auf jedem einzelnen Pferd bzw. Reiter zu finden, egal welchen Alters oder Ausbildungsstands. Das erschreckendste aber waren die allgegenwärtigen Serretas: die in den Nasenriemen eingearbeiteten Metallbügel mit nach innen gerichteten Zacken – ohne jegliche Polsterung. Besonders grausame Reiter hatten die Serreta sogar mit den blanken Kandare verbunden, so dass bei Zügelanzug die Hebelwirkung der Kandare auch die Serreta in den Nasenrücken drückte.
Aber die Ausrüstung alleine wäre noch nicht das wahre Übel, denn schließlich ist jeder Gegenstand nur so gefährlich wie die Hand die ihn führt – das Skalpell in der Hand eines Affen bewirkt schließlich auch etwas anderes als in der Hand eines Chirurgen.
Und dies war auch der eigentlich schockierende Umstand: die Brutalität der Reiter. Zusammengeschnürte schäumende Pferde mit weit aufgerissenen Augen waren leider nicht die Ausnahme, sondern eher die Norm. Die Reiter waren sogar noch stolz darauf, wenn die Pferde unter ihnen vor lauter Panik halsbrecherische Stunts versuchten, um der Quälerei irgendwie entfliehen zu können. Und die umstehenden Reiter applaudierten.
Wer sind diese grausamen Reiter?
Unter den Reitern befanden sich Männer und Frauen jeden Alters und sogar Kinder; auch diese waren bereits mit Sporen, Kandare, Gerte und Serreta bewaffnet unterwegs. Besonders einprägsam war ein Junge von vielleicht 6 Jahren, der unaufhörlich mit seinem panisch strampelnden Pferd Runde um Runde auf der Abreitbahn galoppierte: als er an uns vorbei kam, sahen wir dass der Nasenrücken seines geschundenen Pferds bereits blutig war von der Serreta. Das Skalpell in der Hand eines Affen richtet wahrscheinlich weniger Schaden an…
Es ist mir unbegreiflich, wie man ein Tier so sehr schätzen und gleichzeitig quälen kann. Ich würde gerne berichten, wie schön es in Golegã war. Aber leider hat der Besuch einen äußerst bitteren Nachgeschmack hinterlassen.
Natürlich war mir vor der Reise nach Portugal klar, dass die dortige Reiterei nicht meiner Vorstellung einer harmonischen Pferd-Mensch-Beziehung entsprechen würde; es wäre auch illusorisch zu denken dass bei so einem großen Event alle Pferde mit Samthandschuhen angefasst werden würden. Aber es war schockierend, dass es keine Ausnahmen gab. Auch mit der Selbstverständlichkeit, mit der diese Brutalität zur Schau gestellt wurde, hatte ich nicht gerechnet. So stolz die Portugiesen auf ihre Pferde waren, so selbstverständlich haben sie ihre Tiere beim Reiten misshandelt. Ganz nebenbei, mit einem Lachen im Gesicht. Während die Pferdeaugen panisch blickten.
@ Natalie, sorry- ich könnte einen Bilder beisteuern, und dabei nicht ein einziges gequältes Pferd oder gar ein mit Serreta gezäumtes Pferd. Die Portugiesen nutzen dieses Instrument in der Regel gar nicht!
Geschweige denn Blut, weder von der ( nicht vorhandenen) Serreta noch von Sporen.
Und ich schaue da sehr genau hin.
Ja, meist keine hohe Reitkunst, das ist sicher, und es ist auch sicher Streß für die Pferde denn ganzen Tag da entlang zu flanieren.
Aber Tierquälerei?
Hallo Corinna! Es freut mich, dass dir solche Bilder vor Ort offenbar erspart geblieben sind. Mir leider nicht, und auch meine Begleiterin auf dem Trip war entsetzt über den offen zur Schau gestellten Missbrauch. Sicher, blutige Nasenrücken waren definitiv der Gipfel des Eisbergs und zum Glück nicht der Durchschnitt, dennoch waren sie vorhanden und niemand hat darüber auch nur die Nase gerümpft. Ich hoffe, dass sich hier langsam ein anderes Bewusstsein durchsetzt und solche Bilder damit zukünftig der Vergangenheit angehören. Bei meinem (einzigen) Besuch damals waren sie leider noch Realität.
Ich sehe nicht ein einziges Foto von dieser beschriebenen Qual. Ich war selbst schon Öfter in Golegã. Ich lebe in Portugal. Von dieser beschriebenen Ausl habe ich dort nie etwas gesehen.
Verwechseln Sie das Festival vielleicht mit Spanien oder Deutschland?
Haben Sue überhaupt wine Ahnung wie eine Kandare korrekt verschallt wird und wie man damit reitet? Aus Ihrem Artikel geht nur Unkenntnis hervor… wie schade.
Richtig, in dem Artikel wird kein einziges Foto der beschriebenen Qual gezeigt, weil ich diese nicht fotografiert habe. Genauso, wie ich auch keine Misshandlungen von anderen Tieren oder Menschen publizieren würde und diesen erst Recht keine Anerkennung in Form von Aufmerksamkeit vor Ort zukommen lasse. Es ist natürlich auch immer eine Frage der eigenen Definition: für mich persönlich sind aufgerissene Augen und Mäuler sowie blutige Nasenrücken sichere Zeichen von Misshandlung, aber das sehen viele Pferdemenschen anders (offensichtlich auch der Großteil der Reiter vor Ort). Es muss sich niemand meiner Definition anschließen, aber deshalb müssen Sie mir nicht unterstellen dass ich nicht wüsste in welchem Land ich mich befunden habe (wenn Sie die Fotos betrachten und wenn Sie Golegã kennen, dann werden Sie den Ort mit Sicherheit wiedererkennen…). Sie müssen mir ebenfalls nicht unterstellen, dass ich nicht wüsste wie man eine Kandare korrekt verschnallt oder benutzt – ich wüsste auch nicht, was das mit dem Artikel zu tun hat. Vielleicht können Sie mir ein paar konkrete Beispiele der vermeintlichen Unkenntnis nennen, dann kann ich diese sehr gerne aufklären.